In einer gemeinsamen Buchpräsentation von Dimitri Grünig und Heinz-Jürgen Nutz/Steinhauer präsentieren die zwei Autoren ihre Bücher, die jüngst in der Schweizer Edition Clandestin erschienen sind. Dimitri Grünig stellt seine illustrierte Erzählung »Aber schwul bin ich immer noch« vor, Heinz-Jürgen Nutz/Steinhauer spricht über sein Künstlerbuch »Rudolf de Crignis«.
»Was werfe ich über Bord: Mein Glaube oder meine Homosexualität oder nichts von beidem?«- Ein junger Mann wächst in einem zutiefst religiösen, konservativen Milieu im Kanton Bern auf. Bereits als Kind merkt er, dass er »anders« ist. Mit zunehmendem Alter und Erwachen seiner Sexualität wird der Grund für sein Anderssein immer konkreter. Anfänglich versucht er seine Homosexualität wegzubeten, da sie in seinem Umfeld als Schande, als Strafe Gottes, als Krankheit angesehen wird. Aus dieser Prägung resultiert eine derart tiefe, internalisierte Homophobie, dass er sich in der Hoffnung »geheilt« zu werden, in eine »Konversionstherapie« begibt. Drei Jahre lang, einmal die Woche, gewährt er dort Fremden Einblick in sein Familienleben und sein Innerstes. Nach drei Jahren realisiert er, dass es nichts bringt - an seinen Gefühlen ändert sich nichts - er ist und bleibt homosexuell. Als er aus dem Programm aussteigt, wird er von seinem Umfeld verstossen. Er steht vor einem gewaltigen Gewissenskonflikt. Die Homosexualität anzunehmen und auszuleben erscheint ihm wie das Aufgeben seines Glaubens.
1969 lernen sich Ruedi de Crignis und Juerg Nutz bei Oscar Weber, einem Warenhaus an der Zürcher Bahnhofstrasse, kennen, wo sie als Schaufensterdekorateure tätig sind – damals für viele, die gestalterisch wirken wollten, der Beruf der Stunde. Die jungen Männer erkennen ähnliche Ziele: Ihre Schaufenster sollen das Weltgeschehen und womöglich auch Entwicklungen der Kunst reflektieren. Sie greifen die Stimmung des grossen Aufbruchs um 1968 auf. Die beiden werden ein Paar und es wird für beide eine Geschichte der künstlerischen Emanzipation und des privaten Outings.
In dem Buch erfährt man, wie Ruedi de Crignis zum Künstler wird: von den Zeichnungen des talentierten Jugendlichen über die Selbstbildung in Film, Fotografie, Audio, Installation, Performance an der experimentierfreudigen F+F und beim Vortasten im Kunstbetrieb bis zur Entwicklung des monochromen Spätwerks in New York. Die bewegte Epoche wird geschildert aus der Perspektive von Männern, die sich auch immer wieder selbst befragen.
Texte von Veit Stauffer aus dem Blickwinkel des involvierten Zeitgenossen und von Michael Hiltbrunner, der die Kunstszene jener Jahre engagiert und wissenschaftlich aufarbeitet, runden das facettenreiche Künstlerbuch ab.
Buchpräsentation:
9. Oktober 2024, 19:30 Uhr
Buchpräsentation mit Dimitri Grünig und Heinz-Jürgen Nutz/Steinhauer
Mittwoch, 09.10.2024 Mittwoch, 09.10.2024
Literatur
Ort: Buchhandlung Löwenherz, Berggasse 8, 1090 Wien