Bildung in Krisengebieten – Hoffnung für die kommende Generation

Gastkommentar von Bundesrat Didier Burkhalter, Vorsteher des EDA

Wir können es uns nur schwer vorstellen, was es bedeutet, wenn Eltern mit Kindern in Lebensgefahr geraten, ihr Zuhause verlassen müssen und nicht wissen, wie sie den nächsten Tag überstehen sollen. Das aber ist der Normalfall für Unzählige. Kinder in bewaffneten Konflikten werden Opfer von Bluttaten und sexueller Gewalt, werden als Kindersoldaten zwangsrekrutiert und ihres Rechts auf Bildung beraubt. Aktuell sind rund 65 Millionen Menschen auf der Flucht, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Zahlen sind abstrakt. Im Herbst 2015 konnte ich aber mit vielen jungen Menschen im Flüchtlingslager Azraq sprechen. Azraq – ein staubiger Ort in der jordanischen Wüste, wo Zehntausende Syrerinnen und Syrer Zuflucht hinter Stacheldraht suchen mussten. Wenn man die Flüchtlingsfamilien persönlich trifft, die über die überstandenen Kriegsgefahren, ihre Hoffnungen und Bedürfnisse sprechen, bleiben die Begegnungen nicht nur in der Erinnerung sondern auch im Herzen. Sie bestärken mich in der Haltung, dass man Ursachen und Folgen der Flucht direkt bekämpfen muss. Deshalb unser Engagement, deshalb betreibt die Schweiz eine aktive Friedens- und Menschenrechtspolitik, deshalb unterstützt sie Menschen vor Ort, nicht nur mit lebensnotwendigen Hilfsgütern wie Nahrungsmittel, Wasser, Medikamenten und Unterkünften, sondern gezielt auch mit Projekten der Friedensförderung sowie der Grund- und Berufsbildung.

Durchschnittlich 17 Jahre dauert es gemäss den Vereinten Nationen, bis für Flüchtlinge und Vertriebene eine permanente Lösung gefunden wird. Das entspricht den Kindheits- und Jugendjahren eines Menschen, jene Jahre, die die Persönlichkeit massgeblich prägen. In den aktuellen Krisen- und Konfliktgebieten in Syrien, Irak, Somalia, Südsudan oder in Nigeria besteht das Risiko, eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen zu verlieren, da ihnen ihr Recht auf eine Kindheit, auf Schutz und Bildung genommen wird. Das sind genau jene Menschen, welche die Zukunft der betroffenen Länder mit ihrem Potenzial aufbauen und neu gestalten sollen.