Bildung in fragilen Staaten – eine zentrale Priorität

Artikel, 04.11.2015

Am 6. November 2015 organisiert die DEZA in Bern eine Podiumsdiskussion zur Bildung als Herausforderung in fragilen Staaten. Das Thema bildet eine Priorität des neuen Aktionsrahmens Bildung 2030, der vor zwei Tagen am Hauptsitz der UNESCO verabschiedet wurde. Julia Gillard, Präsidentin des Verwaltungsrats der Global Partnership for Education, nimmt an der Veranstaltung teil.

Julia Gillard, Vorstandsvorsitzende von Global Partnership for Education zu Besuch in einer Schule in Rwanda im Februar 2015. © Marielle Smith

Zugang zu Bildung gehört zu den Grundrechten eines jeden Menschen. Trotzdem bleibt Bildung für Millionen Kinder und Jugendliche weltweit unerreichbar. Besonders alarmierend ist die Situation in fragilen und von Gewalt oder Konflikten betroffenen Ländern. Heute werden 40 Länder zu dieser Kategorie gezählt. Knapp vier von zehn Jugendlichen, die keine Schule besuchen, leben in solchen Ländern. Paradoxerweise hat die internationale Entwicklungshilfe für die Bildung seit 2010 um 10% abgenommen.

Eine Priorität der Schweiz

Am 6. November 2015 organisiert die DEZA in Bern eine Podiumsdiskussion zum Thema «Bildung als Herausforderung in fragilen Ländern und Konfliktzonen».

Die DEZA misst dem verstärkten Engagement in fragilen Staaten Priorität bei und möchte sich auch im Schul- und Berufsbildungsbereich vermehrt einsetzen. 2014 widmete die DEZA diesem Sektor 103 Millionen CHF. Die GPE ist die wichtigste internationale Partnerin der DEZA im Bildungsbereich. Die DEZA unterstützt die Global Partnership for Education (GPE) mit 7 Millionen CHF jährlich.

Die Podiumsdiskussion findet vor dem Hintergrund der Verabschiedung des neuen Aktionsrahmens Bildung 2030 durch die UNESCO statt. Der neue Aktionsrahmen Bildung 2030 enthält mehrere innovative Konzepte, unter anderem die Idee des lebenslangen Lernens, wofür sich die Schweiz nachdrücklich engagiert hat.

Der Aktionsrahmen sieht die Integration von Grundbildung und Berufsbildung vor, die für alle, Jugendliche und Erwachsene, zugänglich und an die Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst sein muss. Er setzt den Schwerpunkt auf qualitativ hochwertige, faire Bildungssysteme und fordert prioritär Interventionen in Ländern, die sich in einer Notlage befinden.

Die komparativen Vorteile des schweizerischen Bildungssystems – dezentrale Steuerung, Passerellen zwischen den Ausbildungen, Zweisprachigkeit, duale Ausbildungsangebote für Lehrlinge – könnten bei der Einführung von Bildungsprojekten besonders in fragilen Staaten als Vorbild dienen.

Schlüsselrolle der Global Partnership for Education

Die Global Partnership for Education spielt als einziger multilateraler Fonds mit mehreren Akteuren im Bildungsbereich eine Schlüsselrolle für die Einführung des Aktionsrahmens Bildung 2030.

Gemäss der aktuellen Strategie konzentriert die GPE ihre Finanzierung vor allem auf die Grundbildung. Mit dieser neuen Strategie, die im Dezember 2015 verabschiedet werden soll, wird die Global Partnership ihre Wirkungsziele und ihre Finanzierung während der fünfjährigen Laufzeit ihres neuen Strategieplans (2016–2020) an den Aktionsrahmen Bildung 2030 anpassen. Die GPE unterstützt 61 Entwicklungsländer, darunter 28 fragile Staaten.

Interview mit Julia Gillard, Präsidentin des Verwaltungsrats der GPE und ehemalige Premierministerin Australiens. 

Welches sind die grössten Herausforderungen für die GPE im Zusammenhang mit der Agenda 2030?

Die GPE gilt als zentrale Plattform, über welche die Ziele der Bildungsagenda 2030 erreicht werden können. Als Umsetzungspartner des Ziels Nummer 4 für nachhaltige Entwicklung unterstützen wir die UNO und deren Mitgliedstaaten. Dazu gehören nationale, regionale und globale Prozesse, um die Hilfsbemühungen besser anzupassen und die Fortschritte bei der Erreichung der Bildungsziele festzuhalten.

Während der fünfjährigen Laufzeit unseres neuen Strategieplans (2016–2020), der auf die Unterstützung des neuen globalen Bildungsziels ausgerichtet ist, wird die GPE durch eine abgestufte Vorgehensweise auch die Auswirkungen und die Finanzierung der Partnerschaft anpassen. Diese erweiterte Vision lässt sich jedoch nur erreichen, wenn genügend Ressourcen zur Verfügung stehen.

Im Hinblick auf das neue ehrgeizige Bildungsziel sehe ich drei Herausforderungen, denen wir uns als internationale Gemeinschaft stellen müssen:

1. Die Finanzierung und den effizienten Einsatz der Mittel
2. Die Chancengleichheit im Bildungsbereich
3. Die Datenerfassung

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung…

Im September 2015 hat die internationale Staatengemeinschaft in New York die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet – die Krönung der langen Bemühungen einer Arbeitsgruppe der UNO, zu der auch die Schweiz gehörte.

Die Agenda mit ihren 17 Zielen soll zur globalen Entwicklung beitragen und das Wohlergehen der Menschheit verbessern, ohne die natürlichen Ressourcen auszubeuten oder zu zerstören. Die Agenda 2030 tritt an die Stelle der Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDG). Sie besitzt universelle Gültigkeit, d. h. alle Länder weltweit müssen zu ihrer Verwirklichung beitragen. 

... und der neue Aktionsrahmen Bildung 2030

Das vierte Ziel der Agenda 2030 ist der Bildung gewidmet. Danach muss jedes Land «gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern».

Die Umsetzung des Ziels schlägt sich im «Aktionsrahmen Bildung 2030» nieder, der die Errungenschaften seit den Millenniumsentwicklungszielen umfasst. Das Dokument geht jedoch weiter und legt den Schwerpunkt auf die Verbesserung des Zugangs zu Bildung für alle, lebenslanges Lernen, Massnahmen zugunsten von Ländern in einer Notlage und auf die zentrale Rolle der Bildung zur Erreichung der sechzehn übrigen Ziele der Agenda 2030.