«Right Livelihood Award» für eine gerechtere Welt

Die Menschenrechtsaktivistin Kasha Nabagesera setzt sich für die Rechte lesbischer, homosexueller, bisexueller, transsexueller und intersexueller Menschen (LGBTI) in Uganda ein. In einem feindlichen und repressiven Umfeld prangert sie Menschenrechtsverletzungen offen an und bringt die Rechte der LGBTI voran. Bei ihrem Engagement gegen repressive Gesetze wird sie immer wieder bedroht. Trotzdem setzt sie sich weiter tagtäglich dafür ein, Mythen und Klischees abzubauen. 

Warum engagieren Sie sich für lesbische, homosexuelle, transsexuelle und intersexuelle Menschen in Uganda? 

Als junge Frau wurde mir klar, dass die Liebe zu einem anderen Menschen zu Diskriminierung, Gewalt und Leid führen kann – eine erschreckende Erkenntnis. Deshalb wollte ich mich dafür engagieren, dass diese diskriminierenden Gesetze aufgehoben werden. 

Woher nehmen Sie die Kraft, trotz Einschüchterungen, Angriffen und Schikanen Ihr Engagement fortzusetzen? 

Ich schöpfe meine Kraft aus der Wut, die in mir aufsteigt, wenn ich feststelle, welche Ungerechtigkeiten, Missbräuche und Diskriminierungen diese Personen allein wegen ihrer sexuellen Orientierung erleiden. Ich ertrage es nicht, Menschen leiden zu sehen. Das liegt mir im Blut: Ich möchte, dass alle glücklich sind. Ich kämpfe für die Rechte der LGBTI, damit alle frei und glücklich leben können. Zudem weiss ich, dass unsere Arbeit die Zukunft ändern kann. Die Erfolge unseres heutigen Kampfs für die Rechte der LGBTI in Uganda werden den Generationen nach uns zugutekommen. 

Was bedeutet der Prix Right Livelihood Award für Sie? Wie wird er Ihre Arbeit beeinflussen? 

Der Right Livelihood Award verschafft mir Zutritt zu einer angesehenen Gemeinschaft von Männern und Frauen, die sich für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte einsetzen und für Fortschritte auf der Welt kämpfen. Ich erhalte grosse Unterstützung und mehr Ressourcen. Meine Arbeit wird dadurch sichtbarer und besser anerkannt. Der Preis bedeutet für mich eine internationale Anerkennung. Das wird mein Engagement beflügeln! 

Werden Sie häufiger nach Genf reisen, um die Genfer Büros der Right-Livelihood-Stiftung zu benutzen? 

Ganz sicher. Das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte hat mich bereits bisher unterstützt. Heute werde ich von vielen Stellen in Genf unterstützt, die ich gerne besuchen möchte. Zudem nutze ich die Ressourcen des Genfer Büros, die mir bei meiner Arbeit helfen und meine Sicherheit verbessern. 

Welche Projekte verfolgen Sie im nächsten Jahr? 

Mit meiner NGO Freedom and Roam Uganda (FARUG) möchte ich das Mediennetz verstärken. Zudem wollen wir noch mehr «Pride»-Paraden organisieren und Mittel auftreiben, um das Engagement auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene fortzusetzen. 

Der italienische Chirurg Gino Strada engagiert sich für die Gesundheit von Konfliktopfern, von Vertriebenen und von Menschen, die in extremer Armut leben. Von Afghanistan bis zum Sudan, vom Irak bis zur Zentralafrikanischen Republik führt die von Gino Strada 1994 mitgegründete Organisation EMERGENCY über 60 Krankenhäuser, Kliniken und Erste-Hilfe-Stationen. Die NGO erbringt medizinische und chirurgische Leistungen von hoher Qualität. Sie setzt sich in Zusammenarbeit mit den lokalen Regierungen dafür ein, den Gesundheitsfachleuten vor Ort medizinisches Fachwissen zu vermitteln. Gino Strada und EMERGENCY engagieren sich zudem mit Nachdruck gegen die tiefer liegenden Ursachen für Krieg und menschliches Leid. 

Wie können die Staaten und Institutionen in Ihren Augen wirksam gegen die Zunahme der bewaffneten Konflikte vorgehen? 

Gesetze, Verordnungen, Verträge und Gerichte tragen dazu bei, Streitigkeiten oder Kontroversen unter Menschen beizulegen. Wenn aber einmal der Krieg erklärt wurde, ergeben sie keinen Sinn mehr. Dann gilt nur noch: jeder gegen jeden. Krieg ist die unmenschlichste, die entmenschlichende Aktivität schlechthin. Krieg wird nie von den Völkern gewünscht oder von den Bürgerinnen und Bürgern  erklärt. Kriege werden von den Regierungen erklärt, und 90% der Opfer sind Zivilpersonen. Um mit Albert Einstein zu sprechen: «Den Krieg kann man nicht menschlicher machen, man muss ihn abschaffen.» Ich wünsche mir, dass die UNO über die Abschaffung des Kriegs diskutiert. 

Wie sollen wir die Utopie der Abschaffung des Kriegs verfolgen? 

«Sollen wir der Menschheit ein Ende setzen, oder soll die Menschheit dem Krieg entsagen?» Vor diesem Dilemma standen bereits Albert Einstein und andere herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt. Die Frage bleibt offen; kein Staat hat je eine Antwort darauf gegeben. Die Abschaffung des Kriegs ist heute eine Utopie, aber kein Unwort! Als über die Aufhebung der Sklaverei diskutiert wurde, war das zunächst auch eine Utopie. Eine Utopie ist nur eine noch nicht eingetretene Tatsache. Wir müssen beginnen, uns schrittweise eine Welt ohne Krieg auszudenken, darüber sprechen und uns vorstellen, welche Gesetze die Grundlagen einer solchen Welt festlegen würden. 

Woher nehmen Sie die Kraft, um in von Konflikten gebeutelten Ländern für die Gesundheit der Menschen zu kämpfen? 

Der Anblick der Opfer gibt mir diese Kraft. In ihnen sehe ich die Gesichter meiner Angehörigen oder von nahestehenden Menschen. Das erlaubt mir, zu verstehen, was Krieg bedeutet. Wir sind Gesundheitsfachleute. Wir haben die Aufgabe, die Gesundheit aller notleidenden Menschen ohne Diskriminierung zu schützen. Es gibt unendlich viele Opfer. Nach einem Tag mit vielen Operationen verspüre ich grosse Müdigkeit. Doch ich weiss, dass noch zahlreiche Patientinnen und Patienten versorgt werden müssen. Deshalb mache ich weiter, seit über 25 Jahren.