DEZA und Schweizer NGOs: Politischer Spielball?

Die Zusammenarbeit mit Schweizer NGOs ist für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) von grosser Bedeutung. In einem Gastbeitrag, erschienen in verschiedenen Schweizer Zeitungen, beschreibt DEZA-Direktorin Patricia Danzi, welche Rolle Schweizer Nichtregierungsorganisationen in der Erreichung der Entwicklungsziele spielen, wieso eine klare Zuteilung der Programmbeiträge wichtig und eine klare Abgrenzung zur politischen Kommunikation zentral ist.

Portrait von Patricia Danzi, Direktorin der DEZA

«Wie ihr Name sagt, handelt es sich bei NGOs um nicht staatliche Organisationen und das setzt eine Unabhängigkeit voraus, auch finanziell.» – Gastbeitrag von DEZA-Direktorin Patricia Danzi zur Partnerschaft mit Schweizer Nichtregierungsorganisationen. © EDA

Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) geniessen hohes Ansehen in der Bevölkerung. Gerade die Covid-Krise hat diese Verbundenheit einmal mehr deutlich gemacht: 2020 war ein Rekordspendenjahr für viele NGOs. Ihre Arbeit lässt Schweizer Herzen höherschlagen und veranlasst zu einer breiten Debatte. Das freut uns, denn ihre Arbeit ist wichtig, vor allem im Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs), ein Eckpfeiler der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz (IZA). Wichtig ist, dass wir bei all den Diskussionen das Ziel nicht aus den Augen verlieren: die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung und die Bekämpfung der weltweiten Armut.

Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, setzt die DEZA seit jeher auf die Partnerschaft mit Schweizer NGOs. Sie bringen eine langjährige Tradition mit – nicht zu Letzt im Partnerland selbst. Sie sind vertraut mit der Situation vor Ort, kennen die Bedürfnisse der Bevölkerung und arbeiten seit vielen Jahren mit lokalen Akteuren zusammen. Zudem haben NGOs eine fundierte Expertise und profitieren im In- und Ausland von einer hohen Glaubwürdigkeit. Damit geben sie nicht nur der Schweiz im Ausland ein Gesicht, sondern sie sind es auch, die die Geschichten der Menschen in den Partnerländern in die Schweiz tragen. Sie machen die Wirkung der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit vor Ort möglich und zuhause sichtbar.

Die Schweizer Bevölkerung über wichtige Themen der Entwicklungszusammenarbeit zu informieren war daher schon immer Teil des Portfolios von Schweizer NGOs – sie bringen Themen auf das politische Parket und können, gerade weil sie nicht staatliche Organisationen sind, Probleme anders aufgreifen. Dass diese Informationsarbeit aber auch zu einem politischen Spielball werden kann, hat sich im Herbst gezeigt: im Rahmen der Konzernverantwortungsinitiative passierte ein Fehler und es wurden Bundesgelder für politische Lobby-Zwecke eingesetzt. Das ist verboten. Der Fehler wurde schnell entdeckt, das Geld umgehend zurückbezahlt. Dennoch: Diese Episode öffnete Tür und Tor die gute und wichtige gemeinsame Leistung in der Entwicklungszusammenarbeit zu politisieren. Das ist bedauernswert.

Worum geht es bei diesen Debatten? Die DEZA hat im Rahmen ihrer neuen Vergabe der Programmbeiträge entschieden, dass die Informations- und Sensibilisierungsarbeit im Inland nicht mehr mit DEZA-Programmbeiträgen finanziert werden kann, und zwar vor allem auch um Klarheit zu schaffen. NGOs haben weiterhin die Möglichkeit, Informationskampagnen im Inland durchzuführen, nicht aber finanziert durch den Bund. Und ebenfalls wichtig zu wissen: Es wurden keine Gelder gekürzt, im Gegenteil! Die Programmbeiträge wurden erhöht – auf 270 Millionen Franken für 2021/22. Für die NGOs bedeutet dies, dass sie einen Teil ihres Budgets im Bereich der internationalen Projektarbeit über die Programmbeiträge der DEZA beantragen können, diese Gelder müssen aber vollumfänglich in internationale Projekte fliessen.

Wie die Organisationen ihr restliches Budget einsetzen und in welchen Themenfelder sie tätig sind, ist ihnen freigestellt und schliesst Informations- und Sensibilisierungsaufgaben nicht aus. Wie ihr Name sagt, handelt es sich bei NGOs um nicht staatliche Organisationen und das setzt eine Unabhängigkeit vom Staat voraus, auch finanziell. Einige namhafte NGOs setzen daher seit Jahren keine DEZA-Programmbeiträge für Informationsaufgaben im Inland ein, sie sind sich diesem Dilemma durchaus bewusst.

Gerade die Beteiligung an innenpolitischen Diskussionen ist ein Merkmal von Schweizer NGOs und sie trägt dazu bei, dass wir regelmässig über entwicklungsrelevante Themen sprechen. Dazu gehören aber auch gemeinsame Spielregeln. Mit den Verträgen zur Vergabe der Programmbeiträge sollen diese transparent gemacht werden und vor allem soll Klarheit geschafft werden – für die DEZA als Geldgeberin, für die NGO als Beitragsempfängerin, für das Parlament genauso wie für die Schweizer Bevölkerung. So, dass wir gemeinsam sicherstellen können, dass unser Geld dort ankommt, wo wir es wollen: bei den Menschen in Not.

Beitrag erschienen unter anderem in den Tageszeitungen Le Temps und Corriere del Ticino, am Freitag, 19. Februar 2021.

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