Saubere Kühlung für einen aufgeheizten Planeten

Temperaturen steigen, extreme Hitzewellen häufen sich und der Bedarf an Kühl- und Klimaanlagen, vor allem in Städten der Schwellenländer, steigt. Kühlen rettet Leben. Andererseits gehören Kühlgeräte zu den Hauptverursachern der Klimaerwärmung – ein Teufelskreis. Die Schweiz fördert energieeffizientes Kühlen im Kampf gegen den Klimawandel und die Armut.

Hausfassade mit vielen alten Klimaanlagen.

Hauptsächlich in Entwicklungsländern wird sich der Energiebedarf für Klimaanlagen zwischen 2000 und 2100 um das 33-fache erhöhen. © pixabay

Es ist Mitte Januar, klirrend kalt, -2 Grad. Die Heizungen in der Schweiz laufen auf Hochtouren und sorgen für angenehme 22 Grad. Das ganze Jahr über bei gleichbleibenden Temperaturen in Innenräumen arbeiten und leben zu können ist eine Selbstverständlichkeit für uns. Anders sieht es in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern aus: In Rajkot zum Beispiel, einer wachsenden Stadt im Südwesten Indiens, zeigt das Thermometer über 40 Grad im Sommer. Angenehme Umgebungstemperaturen bleiben für viele Einwohnerinnen und Einwohner ein Wunschtraum. Sie können sich entweder keine oder nur eine ineffiziente Klimaanlage leisten und es mangelt an einem stabilen Stromnetz. Das Fehlen von Kühlsystemen bedroht mehr als eine Milliarde Menschen, hauptsächlich in Asien und Afrika, steht im Bericht von «Nachhaltige Energie für alle», einer globalen Initiative, die von der Schweiz unterstützt wird.

Kühlen ist kein Luxus

Zwei Schwarze Frauen mit Säuglingen und einem Kühlbehälter mit Impfstoff.
Kühlen ist für die Gesundheit und Ernährungssicherheit essentiell, eine von fünf Personen hat jedoch keinen Zugang zu Strom. Südsudan. © Alamy

Die durch den Klimawandel verursachten Hitzeperioden wirken sich negativ auf alle wichtigen Lebensbereiche aus. Neben einem Leistungsabfall in der allgemeinen Bevölkerung bei anhaltend hohen Temperaturen sind vor allem alte, ganz junge oder kranke Menschen potentiell tödlichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Die aktuelle Covid-Pandemie spitzt das Problem noch zu: Medikamente und dringend benötigte Impfstoffe müssen gekühlt werden, sonst verderben sie. Die Ernährungssicherheit ist ebenfalls stark gefährdet, weil Lebensmittel ohne Kühlung nicht gelagert werden können. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Lebensgrundlage von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Ohne Zugang zu Kühlung können sie ihre Ware nicht transportieren und nur in einem ganz kleinen Umkreis verkaufen.

Der Teufelskreis vom Kühlen und Wärmen

Kühlen ist einerseits überlebenswichtig, heizt aber andererseits die Welt auf. 7-10% der globalen CO2-Emissionen gehen auf das Konto von Kühlgeräten. Mit der steigenden Nachfrage nach Klimaanlagen nimmt der Stromverbrauch massiv zu. Strom, der immer noch hauptsächlich aus nichterneuerbaren fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Die meisten Kühlgeräte benötigen zudem für ihre Kältemittel Fluorchlorkohlenwasserstoff (HFCs). Diese Gase erzeugen einen 23‘000 mal grösseren Treibhauseffekt als CO2. Solange wir von fossilen Brennstoffen abhängig sind, bekämpfen wir zwar das Hitzeproblem, tragen aber weiterhin dazu bei, die Luft zu verschmutzen.

Eine schnelle Reduktion von HFCs und fossilen Brennstoffen könnte den Teufelskreis durchbrechen. Dafür braucht es jedoch ein Umdenken und drastische Massnahmen in den Bereichen Energie, Bau, Transport und Landwirtschaft.

Globales Engagement für innovative Lösungen

Die DEZA unterstützt zwei globale Initiativen zur Förderung von energieeffizientem Kühlen. «Nachhaltige Energie für alle» und das «Kigali Cooling Efficiency Program», welches in Jordanien, Äthiopien, Kambodscha, Vietnam, Burkina Faso, Nigeria, Pakistan, Marokko, Chile und Tunesien aktiv ist. Beide Initiativen stärken Politiken, Standards und die Finanzierung von klimafreundlichen Kühlsystemen. Das Ziel ist, dass Entwicklungs- und Schwellenländer in ihren nationalen Klimapolitiken ehrgeizige Verpflichtungen festlegen und diese umsetzen. Damit Energiestandards eingehalten werden und gleichzeitig eine effektive Kühlung von Gebäuden möglich ist, braucht es innovative Lösungen. Hier setzen einige Projekte der DEZA an. Zum Beispiel das Projekt «BEEP» für energieeffizientes Bauen in der 1,3 Millionen Einwohner-Stadt Rajkot in Indien, das Schweizer Fachwissen zu Gebäudetechnik mit Baufachleuten und Ministerien vor Ort zusammenbringt. Durch die Energieeffizienzmassnahmen in 1176 Wohneinheiten konnte die sommerliche Spitzenraumtemperatur um mehr als 5 Grad gesenkt und die Anzahl der komfortablen Stunden (die unter 30 Grad liegen) von ca. 2600 Stunden auf ca. 6300 Stunden erhöht werden. Ein weiteres Beispiel sind externe, bewegliche Beschattungssysteme, mit welchen bis zu 45 Prozent des Energiebedarfs für Kühlung reduziert werden kann.

Klimaschutz: ein Schwerpunkt der Schweizer Aussenpolitik

Neben steigenden Meeresspiegeln und Naturkatastrophen sind extreme Hitzeperioden nur eine von vielen bedrohlichen Auswirkung des Klimawandels. Entwicklungsländer sind besonders gefährdet, weil ihnen oft die Ressourcen zur Entwicklung von Anpassungsstrategien an die veränderten Klimabedingungen fehlen. Der Klimawandel ist jedoch eine globale Bedrohung und behindert die Entwicklung zu einer nachhaltigen Welt.

«Das aussenpolitische Engagement der Schweiz für die Bekämpfung des Klimawandels und für den Umweltschutz wird verstärkt», so heisst es in der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023. Auch in der Internationalen Zusammenarbeit, IZA, gewinnt das Globalprogramm Klimawandel und Umwelt der DEZA immer mehr an Bedeutung. Massnahmen zum Klimaschutz sind eine Voraussetzung zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen.

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