Hochwasserschutz in Kambodscha: Hoffnung für eine ganze Region

Kambodscha, das unweit des Mekongbeckens liegt, war auf grössere Naturkatastrophen schlecht vorbereitet. Mit der Verbreitung einer neuen Frühwarntechnologie in der Bevölkerung ändert sich die Situation allmählich. Die DEZA ist aktiv am Projekt beteiligt.

 Zwei Personen lehnen sich an eine Brückenmauer und schauen auf eine Gruppe von Arbeitern, die im Fluss einen Sensor installieren.

Zwei Experten der DEZA und der NGO People in Need beobachten die Installation des Tep-Macha-Sensors im Mekongfluss in Kambodscha. © DEZA

Der Alarm ertönte früh in der kambodschanischen Provinz Battambang. Im Oktober 2020 verursachten schwere Regenfälle in den Provinzen im Mekongbecken grosse Überschwemmungen. Dank der behördlich angeordneten Evakuierung konnten etliche Menschen gerettet werden, die Sachschäden hingegen waren enorm. Andere hatten leider nicht so viel Glück.

Kambodscha gehört in der Regenzeit (von Mitte Mai bis Mitte Oktober) zu jenen Ländern, die besonders stark von Überschwemmungen betroffen sind. Dank einer neuen Technologie könnte sich das in den nächsten Jahren jedoch ändern. 2013 wurde unter der Federführung der tschechischen NGO People in Need ein neues System entwickelt. Das System mit dem technisch anmutenden Namen EWS 1294 (Early Warning System) basiert auf einer innovativen Technologie, mit der die Bevölkerung frühzeitig vor schweren Regenfällen oder drohenden Überschwemmungen gewarnt werden kann. Es ist mit einem anderen System, das Daten über den Grundwasserspiegel sammelt, gekoppelt, und trägt so zur Stärkung der Resilienz der Menschen bei. Gleichzeitig verbessert es die Koordination im zeitkritischen Entscheidungsprozess der lokalen Behörden.

Nach einem ersten Test im Jahr 2013 haben alle Verwaltungsebenen an der Weiterentwicklung des Systems mitgearbeitet und ein für die Region vielversprechendes Pilotprojekt lanciert. Sowohl die Provinz- als auch die Landesbehörden stehen voll hinter dem Projekt. Auf internationaler Ebene haben mehrere staatliche und nichtstaatliche Akteure, darunter das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), einen finanziellen Beitrag zur Entwicklung des Systems gleistet. Auch die Schweiz beteiligt sich seit Dezember 2017 daran.

 Karte Kambodschas, auf der die vier von der DEZA unterstützten Provinzen farblich hervorgehoben sind.
Die DEZA ist in vier der 25 Provinzen Kambodschas tätig: Kratie, Stung Treng, Oddar Meanchey und Preah Vihear. © DEZA

Das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe der DEZA ist ganz vorne dabei

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützt das Projekt sowohl finanziell als auch politisch. Das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe engagiert sich in der Regel für Menschen, die während und nach Naturkatastrophen Hilfe und Schutz benötigen. Heute aber geht es vermehrt darum, in Lösungen zu investieren, mit denen Katastrophen vorhergesehen und die Menschen in den Risikogebieten gewarnt werden können. Die Schweiz hat insgesamt mehr als 700'000 Franken investiert, und in den Provinzen, in denen die DEZA das Warnsystem aktiv unterstützt, hat sich die Zahl der daran teilnehmenden Personen massiv erhöht.

Die Expertinnen und Experten der Humanitären Hilfe des Bundes sind in vier der 25 Provinzen Kambodschas tätig: Kratie, Stung Treng, Oddar Meanchey und Preah Vihear. Das Frühwarnsystem hilft nicht nur Leben zu retten, sondern ermöglicht auch eine bessere Regulierung des Grundwasserspiegels. Überschwemmungen und Dürren wirken sich verheerend auf die Lebensbedingungen der betroffenen Menschen aus. Sie zerstören Ernten, bedrohen die Selbstversorgung und führen im Endeffekt zu mehr Armut. Mit der Finanzierung des EWS 1294 wird gleichzeitig eine Technologie langfristig gefördert, die zur Stärkung der Entwicklungspolitik in Kambodscha beiträgt.

 Zwei Vertreter der DEZA und zwei Vertreter der NGO People In Need sitzen an einem Tisch. Sie erklären den kambodschanischen Regierungsvertretern ihr Projekt.
Am 18. Mai 2021 legte die NGO People in Need ihre Globalstrategie vor, damit das NCDM das Frühwarnsystem erneut thematisieren kann. © DEZA

Lokale Behörden fördern den Wissenstransfer

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 lassen hoffen, dass die Welt bis zum Ende des Jahrzehnts eine bessere sein wird. Die Herausforderungen sind zwar noch immer zahlreich, aber der Planet entwickelt sich merklich zum Positiven. Ein Zeichen dafür ist unter anderem das System EWS 1294 zur Katastrophenvorsorge. Das Projekt steht heute in der Gunst der lokalen Behörden, die es nicht nur mittragen, sondern auch im Steuerungsausschuss mitarbeiten. Letzteres ist in der Regel schwierig zu erreichen, zumal NGO, die auf sich allein gestellt sind, oft nur begrenzt einen politischen Einfluss haben.

Auch das Kooperationsbüro der DEZA in Phnom Penh hat sich für den Kontakt zwischen People in Need und dem kambodschanischen Komitee für Katastrophenbewältigung (NCDM) stark gemacht. Auch zum Ministerium für Wasserressourcen und Meteorologie (MOWRAM) und zum Ministerium für ländliche Entwicklung (MRD) bestehen sehr enge Kontakte. Am 18. Mai 2021 legte die NGO ihre Globalstrategie vor, damit das NCDM das Frühwarnsystem erneut thematisieren kann. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die kambodschanische Regierung die neue Technologie langfristig und autonom nutzen und die interne Schulung für die Bedienung und Wartung des EWS 1294 gewährleisten kann.

Im Übrigen erwies sich die Technologie auch während der ersten Welle der Covid-19-Pandemie als äusserst hilfreich. In den am stärksten vom Virus betroffenen Provinzen wurde sie als Warnsystem eingesetzt. Jetzt, da der Wissenstransfer an die lokalen Behörden gewährleistet ist, zieht sich die internationale Hilfe allmählich zurück.

DEZA und Katastrophenvorsorge: Zahlen und Fakten

87 Millionen: jährliches Budget in CHF für die Katastrophenvorsorge.

16: Anzahl Expertinnen und Experten des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe, die heute weltweit in diesem Bereich tätig sind. Die DEZA kann auch auf das Fachwissen anderer Bundesstellen wie des Bundesamts für Umwelt zurückgreifen.

2: Die DEZA verfügt über zwei regionale Zentren, die sich auf Katastrophenvorsorge und auf Fragen der Soforthilfe spezialisiert haben: eines in Lima in Peru und eines in Bangkok in Thailand. 

6: Die Schweiz ist alle sechs Jahre Gastgeberin der Globalen Plattform für Katastrophenvorsorge. Bei diesem multilateralen Gipfeltreffen wird über die Fortschritte auf nationaler und internationaler Ebene in diesem Bereich diskutiert. Die Schweiz ist ausserdem Sitzstaat des Büros der Vereinten Nationen für die Verringerung des Katastrophenrisikos (UNDRR).

Öffnung für die Region Südostasien

Analog zu den 17 Zielen der Agenda 2030 enthält der Aktionsrahmen von Sendai, der von den UNO-Mitgliedstaaten 2015 verabschiedet wurde, sieben Ziele für die Katastrophenvorsorge. Die Schweiz und Kambodscha sind Mitglieder und pflegen somit nicht nur untereinander, sondern auch mit allen ASEAN-Staaten (Verband Südostasiatischer Nationen) eine enge Zusammenarbeit. Diese südostasiatischen Staaten, gehören zu den Ländern, die am stärksten von Naturkatastrophen betroffen sind.

Die ASEAN-Region gehört zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern der Schweiz und ist auch in Bezug auf die nachhaltige Entwicklung von grösster Bedeutung. Das Frühwarnsystem EWS 1294 ist ein wegweisendes Projekt. Seine Technologie könnte schon bald auch ausserhalb Kambodschas zum Einsatz kommen und in anderen Ländern Menschen helfen, die über keine vergleichbare Technologie verfügen, zum Beispiel in Laos.

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