In Westafrika gibt es viele Minderjährige, die bessere Zukunftsperspektiven in einem anderen Land suchen. Sie sind oftmals gezwungen, ihre Familien zu verlassen, oder tun es freiwillig, weil sie sich anderswo bessere Ausbildungs- oder Erwerbsmöglichkeiten erhoffen.
Viele von ihnen geraten schon kurz nach der Abreise in Schwierigkeiten oder stranden unterwegs. Sie sind Opfer von Menschenhandel oder werden auf andere Weise ausgebeutet, so dass sie nicht mehr über die notwendigen Mittel verfügen, um weiterzureisen oder nach Hause zurückzukehren.
Grenzüberschreitende Herausforderungen erfordern grenzüberschreitende Lösungen
Um diesen Jugendlichen zu helfen, müssen die westafrikanischen Länder zusammenarbeiten. Notwendig sind aber auch ein koordiniertes Vorgehen und gemeinsame Standards. Die Begleitung und Wiedereingliederung von Jugendlichen in schwierigen Lebenssituationen macht nicht an der Grenze Halt. Die Unterstützungsmassnahmen müssen als kontinuierlicher und grenzüberschreitender Prozess verstanden werden.
Auf Anregung der Schweizer Zweigstelle des in über 140 Ländern aktiven Internationalen Sozialdienstes wurde 2005 ein regionaler Kooperationsmechanismus geschaffen: das Westafrika Netzwerk zum Schutz der Kinder. Es soll die bestehenden staatlichen, zivilgesellschaftlichen und internationalen Strukturen stärken und miteinander in Kontakt bringen, den Austausch zwischen den Ländern fördern und gemeinsame Verfahren für eine harmonisierte Unterstützung erarbeiten.
Ein schnell wachsendes Netzwerk
Das Westafrika Netzwerk ist rasch gewachsen. Die Mitgliederzahl stieg innerhalb von sieben Jahren von ursprünglich drei Ländern (Senegal, Mali, Guinea-Bissau) auf fünfzehn Länder. In dieser Zeit wurden über 4000 Kinder und Jugendliche wieder in ein familiäres Umfeld eingegliedert und erhielten individuelle Begleitung und Unterstützung.
Im Rahmen einer Migrationspartnerschaft mit der Schweiz unterstützte die DEZA von 2010 bis 2013 die Integration Nigerias in das Netzwerk. Das Projekt konzentrierte sich auf den Bundesstaat Sokoto im Nordwesten des Landes an der Grenze zum Niger. Viele Migrantinnen und Migranten aus dem Süden Nigerias reisen durch diese Region.
Eine Debatte über die Zusammenhänge zwischen Migration, Schutz und Entwicklung, die die DEZA und der Internationale Sozialdienst im Dezember 2012 organisierten, hat gezeigt, dass es dem Netzwerk gelingt, nachhaltige Lösungen zum Schutz minderjähriger Migrantinnen und Migranten in prekären Lebenssituationen zu erarbeiten und gemeinsam mit ihnen neue Perspektiven zu finden.
Die DEZA unterstützt das Netzwerk bis 2015 im Rahmen ihres Programms «Migration und Entwicklung in Westafrika». Dieses Programm will den Beitrag der Migrantinnen und Migranten zur Entwicklung durch eine kohärente Migrationspolitik und einen ganzheitlichen und alle Akteure einschliessenden Ansatz fördern. Mit der Unterstützung des Westafrika Netzwerks soll darauf hingewirkt werden, dass die Standards und Normen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, die die betroffenen Länder und die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) gegenwärtig erarbeiten, langfristig auch verabschiedet werden.
Engagement auf mehreren Ebenen
Bei der Betreuung minderjähriger Migrantinnen und Migranten in prekären Lebenssituationen sowie bei ihrer sozialen Wiedereingliederung arbeitet das Netzwerk mit drei Kategorien von Akteuren zusammen.
- Mit den nationalen und supranationalen Behörden der Länder der Region: Sie helfen mit bei der Betreuung der Kinder und gewährleisten die gute Gouvernanz des Netzwerks.
- Mit Fachleuten im Bereich des Kinderschutzes: Sie verfügen über eine Methodik zur Unterstützung und Reintegration der Kinder. In jedem Land gibt es eine Kinderschutzorganisation, die das nationale Netzwerk koordiniert und als Kontaktstelle für die Kolleginnen und Kollegen in den Nachbarländern dient. Sie sorgt für eine qualitativ gute Betreuung der Kinder.
- Mit den jungen Migrantinnen und Migranten sowie ihren Familien: Sie profitieren von Integrationsprojekten im Bereich (Wieder-)Einschulung, Berufsbildung oder Entwicklung von Erwerbsmöglichkeiten. Zum Angebot gehört auch die Unterstützung der Familien bei der Erschliessung von Einkommensquellen.
Seit Ende 2012 hat das Regionalbüro des Internationalen Sozialdienstes in Westafrika auch den Auftrag, die Akteure des Westafrika Netzwerks zum Schutz der Kinder fachlich zu unterstützen und ihre Kapazitäten zu stärken.