Medienmitteilung, 29.12.2020

Mit dem Ende der Übergangsperiode nach dem Brexit verlieren die bilateralen Verträge Schweiz–EU ihre Gültigkeit in Bezug auf das Vereinigte Königreich (UK). An ihrer Stelle werden ab dem 1. Januar 2021 eine Reihe von Nachfolge-abkommen angewendet, welche die Schweiz im Rahmen ihrer «Mind the gap»-Strategie (inklusive «Mind the gap Plus») mit dem UK ausgehandelt hat. Der Grossteil der geltenden Rechte und Pflichten zwischen den beiden Staaten bleibt damit erhalten. Den Abschluss eines Handelsabkommens zwischen der EU und dem UK hat das EDA zur Kenntnis genommen und begrüsst, dass ein vertragsloser Austritt des Vereinigten Königreichs vermieden werden konnte.

Ein für London typischer roter Doppeldeckerbus fährt vorbei am Big Ben über die Westminster Bridge ins Abendrot.
Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat Folgen für die Schweiz. © Bruno Viera/Unsplash

Elf Monate nach dem EU-Austritt des UK, dem Brexit, läuft am 31. Dezember die zwischen London und Brüssel vereinbarte Übergangsperiode aus. Das UK verlässt dann den EU-Binnenmarkt und die EU-Zollunion, und internationale Abkommen der EU gelten nicht mehr für das UK. Damit treten auch die Beziehungen der Schweiz zum UK in eine neue Phase. Während in der Übergangsperiode die bilateralen Verträge Schweiz–EU unverändert auf das UK anwendbar blieben, fallen sie auf den Jahreswechsel nun weg. Ab jenem Zeitpunkt greifen die vorgesehenen Nachfolgeregelungen, darunter insbesondere mehrere neue schweizerisch-britische Abkommen.

Diese Lösungen sind auf Schweizer Seite das Ergebnis der «Mind the gap»-Strategie des Bundesrats, die dieser im Oktober 2016 beschloss, wenige Monate nach der britischen Volksabstimmung über den Brexit vom 23. Juni 2016. Er bezweckte damit, die zwischen der Schweiz und dem UK geltenden Rechte und Pflichten wo möglich zu wahren und allenfalls auszubauen. Zur Koordinierung setzte er eine interdepartementale Steuerungsgruppe unter der Leitung des EDA ein.

Die Schweiz konnte zusammen mit dem UK das gegenwärtige rechtliche Verhältnis zu grossen Teilen sicherstellen. Insgesamt hat der Bundesrat sieben Abkommen mit der britischen Regierung ausgehandelt.

• Das Luftverkehrsabkommen (unterzeichnet am 17. Dezember 2018) garantiert die lückenlose Weiterführung der bestehenden Regelungen für die Luftfahrt und sichert damit den Fluggesellschaften die geltenden Verkehrsrechte. Das Abkommen tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

• Das Strassenverkehrsabkommen (unterzeichnet am 25. Januar 2019) bestimmt, dass im Güterverkehr auf eine Bewilligungspflicht verzichtet und der gegenseitige Zugang für Güter- und Personentransporte weitergeführt werden kann. Es tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

• Das Versicherungsabkommen (unterzeichnet am 25. Januar 2019) erlaubt es schweizerischen Versicherungsunternehmen im direkten Schadensversicherungsgeschäft, im UK Zweigniederlassungen zu gründen und zu betreiben (und umgekehrt). Es tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

• Das Handelsabkommen (unterzeichnet am 11. Februar 2019) überführt mehrere einschlägige Abkommen mit der EU ins Verhältnis Schweiz–UK, darunter das Freihandelsabkommen (1972), das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (1999), das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (1999), das Landwirtschaftsabkommen (1999) und das Betrugsbekämpfungsabkommen (2004). Das Handelsabkommen tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Einige der replizierten Bestimmungen werden zu jenem Zeitpunkt nicht anwendbar sein, da sie von einer entsprechenden Regelung zwischen dem UK und der EU abhängen.

• Das Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger (unterzeichnet am 25. Februar 2019) schützt die Rechte von Schweizerinnen und Schweizern im UK, die diese gemäss dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) erworben haben (namentlich Aufenthaltsrechte, Sozialversicherungsansprüche und die Anerkennung von Berufsqualifikationen). Dasselbe gilt für britische Staatsangehörige in der Schweiz. Das Abkommen wird ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet.  Ergänzt wird es im Bereich der sozialen Sicherheit durch einen Beschluss des Gemischten Ausschusses Schweiz–EU des FZA, der den Schutz der Rechte auf Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten ausweitet.

• Das Abkommen zur Mobilität von Dienstleistungserbringern (unterzeichnet am 14. Dezember 2020) betrifft die kurzfristige grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen. Das Abkommen ist vorerst auf zwei Jahre befristet und wird ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet.

• Das Polizeikooperationsabkommen (unterzeichnet am 15. Dezember 2020) stärkt und vertieft die Zusammenarbeit mit den britischen Polizeibehörden insbesondere in der Kriminalitäts- und der Terrorbekämpfung. Damit werden die innere Sicherheit beider Länder gestärkt und die Beziehungen zum UK weiter ausgebaut. («Mind the gap Plus»). Das Abkommen soll im zweiten Halbjahr 2021 in Kraft treten. 
Auch über diese sieben Abkommen hinaus haben die Schweiz und das UK an der Gestaltung ihrer künftigen Beziehungen gearbeitet. Eine gemeinsame Erklärung vom 30. Juni 2020 etwa sieht eine engere Kooperation auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen vor. Mit einer weiteren Erklärung vom 21. Dezember 2020 beabsichtigen die Schweiz und das UK, Wege zur Stärkung der Zusammenarbeit im Migrationsbereich zu erkunden. Im Handelsabkommen ist zudem vorgesehen, dass die beiden Länder Gespräche über eine Weiterentwicklung und Vertiefung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen aufnehmen.

Da per Ende Jahr die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und dem UK ausläuft, wird die Arbeitsmarktzulassung ab dem 1. Januar 2021 je durch die nationalen Gesetzgebungen geregelt sein. Auf Schweizer Seite ist dies das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG). Der Bundesrat hat für das Jahr 2021 separate Kontingente für 3500 Erwerbstätige aus dem UK beschlossen.

Die Schweiz und das UK pflegen traditionell ein enges, freundschaftliches Verhältnis und sind miteinander in vielfältiger Weise verbunden. Speziell der wirtschaftliche Austausch ist bedeutend: Das UK war 2019 mit einem Volumen von 44,6 Milliarden Franken der drittgrösste Handelspartner der Schweiz. Gemessen am Kapitalbestand ist das UK das fünftwichtigste Zielland von Direktinvestitionen aus der Schweiz (78,3 Milliarden Franken per Ende 2018) sowie das drittwichtigste Herkunftsland von Direktinvestitionen in die Schweiz (65,9 Milliarden Franken). 2019 verbanden über 56'000 Flüge die Schweiz und das UK. Rund 37'000 Schweizerinnen und Schweizer leben im UK und rund 42'000 britische Staatsangehörige in der Schweiz.

Kurz vor dem Ende der Übergangsperiode haben die EU und das UK ein Handels- und Kooperationsabkommen abgeschlossen. Das EDA begrüsst es, dass damit ein vertragsloser Austritt des Vereinigten Königreichs vermieden werden konnte. Der Vertragstext wird im Moment vom EDA und den anderen betroffenen Departementen analysiert.


Weiterführende Informationen

Beziehungen Schweiz–UK nach dem Brexit


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Letzte Aktualisierung 13.01.2023

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