29.04.2018

Appenzell, 29.04.2018 - Discorso del consigliere federale Ignazio Cassis in occasione della Landsgemeinde a Appenzell Innerrhoden – Fa fede la versione orale

Oratore: Capo del Dipartimento, Ignazio Cassis

Il consigliere federale Ignazio Cassis sorride con le mani sul petto al popolo dell'Appenzello.
Il Consigliere federale Ignazio Cassis in occasione della Landsgemeinde a Appenzell. © Keystone

Hochgeachteter Herr Landamman
Sehr verehrte Mitglieder der Standeskommission
Sehr geehrte Damen und Herren Kantonsrichter
Hochgeachtete Frau Landamman,
Sehr geehrte Mitglieder des Nidwaldner Regierungsrates
Sehr verehrte Ständeratspräsidentin Keller-Sutter, liebe Karin
Sehr geehrter Herr Ständerat Bischofberger, lieber Ivo
Sehr verehrter Chef der Armee
Liebe Gäste

Hoffentlich habe ich jetzt bei der Anrede alles richtig gemacht.

Man hat mir eingebläut, dass das sehr wichtig sei. Ich solle wirklich aufpassen, keine Fehler zu machen.

Der Regierende Landammann werde in jedem Fall zuerst genannt, selbst der Papst käme erst an zweiter Stelle, ein Bundesrat sowieso.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich empfinde das nicht als überheblich. Im Gegenteil: Dieses mächtige Bekenntnis zur verfassungsmässigen Souveränität von Appenzell Innerrhoden habe ich heute Mittag an der Landsgemeinde eindrücklich miterleben dürfen. Das Rauschen der hochfliegenden Hände werde ich nie mehr vergessen.

Der feierliche Marsch zum Landsgemeindeplatz im Paradeschritt hat mich spontan auf eine Idee gebracht. Ich könnte dem Bundesrat beantragen, dass wir uns jeweils vor der Bundesratssitzung im Gang des Bundeshauses West besammeln und gemeinsam im Innerrhoder Paradeschritt feierlich ins Bundesratszimmer marschieren. An der Spitze der Bundespräsident.

Sie ahnen warum: So könnten wir jedes Mal den Gleichschritt schon mal üben…

Interessanterweise ist sehr wenig über diesen feierlichen Schritt überliefert. Ich habe ihn vorher etwas geübt. Dass ich in jungen Jahren Trompeter war, hat mir dabei geholfen. Man muss ja bei jedem Schritt kurz innehalten.

Welche Bedeutung könnte das haben? Die vieldeutige Antwort Ihres Landesarchivars Sandro Frevel musste ich dreimal lesen, bis ich sie verstand:

 «Es wäre wohl eine Überinterpretation, wenn man das kurze Innehalten zwischen den Schritten symbolisch als das Innehalten der Regierenden ansehen würde».

Ja, was heisst das jetzt: Dass die Regierenden gar nicht fähig sind, innehalten zu können? Langsam verstehe ich den hintergründigen Appenzeller Witz.

Hoch geachteter Herr Landammann, sehr verehrte Damen und Herren

Ich bedanke mich herzlich für Ihre Einladung an Ihre diesjährige Landsgemeinde. Ich habe etwas Einmaliges erlebt. Grazie mille!

Gratulieren möchte ich allen Mitgliedern der Standeskommission und des Kantonsgerichts, an erster Stelle Landammann Daniel Fässler, zu Ihrer glanzvollen Wiederwahl. Ein besonderer Glückwunsch gilt dem neu gewählten Mitglied der Standeskommission, Säckelmeister Ruedi Eberle, der – haben wir soeben vom Landammann gehört -  «ad personam» und nicht wegen der Partei gewählt worden ist.

Ich wünsche Ihnen im Namen des Bundesrates alles Gute und viel Erfolg in Ihren anspruchsvollen Ämtern.

Sie wissen: Ich habe italienische Wurzeln und da ist mir bei der Vorbereitung dieser Ansprache natürlich sofort etwas aufgefallen: Das Musikstück «Marcia solenne», welches die Musikgesellschaft Harmonie seit 1928 während des Gangs zum Landsgemeindeplatz spielt, hat ein Italiener komponiert: Arturo Buzzi-Peccia.

Ein bekannter Mailänder Komponist, dessen Werke von allen italienischen Operngrössen gesungen wurden: Enrico Caruso, Beniamino Gigli, Mario Lanza, Luciano Pavarotti.

Auf Deutsch lautet der Titel: Feierlicher Marsch, aber auch Feierlicher Gang. Diese Musikwahl ist für mich ein klares Zeichen von Weltoffenheit.

Wenn wir schon bei der Italianità sind: Die Mutter des früheren Landammanns und Ständerats Carlo Schmid, habe ich mir sagen lassen, war eine Italienerin. Das erklärt das Temperament Ihres langjährigen Landammanns. Innerrhodisches Temperament, gepaart mit italienischem – da kommt was zusammen!

Und lassen Sie mich noch etwas Verbindendes zwischen Appenzell Innerrhoden und meinem Kanton Tessin sagen.

Wir sind beide 1803, währen der Mediation, zur Eidgenossenschaft gestossen…beziehungsweise WIR Tessiner sind als ehemalige Untertanenzum ersten Mal gestossen.

Sie sind zurückgekehrt, nach einem grandios gescheiterten Experiment Napoleons. Das Zusammenführen von Stadt und Fürstabtei St. Gallen, der Landvogtei Rheintal und der beiden Appenzell zu einem neuen Kanton Säntis funktionierte nicht.

Selbst Napoleon hat sich also an den Appenzellern die Zähne ausgebissen. Der EU-Kommissions-präsident Juncker würde heute bestimmt dasselbe Schicksal wie Napoleon erleiden, sollte er EU-Pläne für die Schweiz haben.

Lassen Sie mich noch ganz kurz bei der Geschichte bleiben.

Die Landsgemeinde ist ein einzigartiger Emanzipationsprozess. Vom «Gewandfall» bis zur «Spitalfrage», könnte man ihn betiteln.

Im Mittelalter mussten die appenzellischen Leibeigenen noch das beste Gewand eines Verstorbenen dem Fürstabt St. Gallen abliefern, heute haben die «Getreuen lieben, Mitlandsleute und Eidgenossen» im Ring entschieden, ob sich Innerrhoden ein neues Spital leisten will.

Liebe Karin, ich weiss, Du wohnst in der St. gallischen Äbtestadt Wil, aber ich kann Dich trösten: Du hast nichts mehr mit dem «Gewandfall» zu tun. Ist schon zu lange her…

Aber ich habe heute gelernt: In diesem Spannungsbogen gab es bei weitem nicht nur Befreiungskriege, wie uns das noch in der Schule vermittelt wurde, sondern viel mehr auch einen langen, Sinn stiftenden Entwicklungsprozess.

Aus dem Geschichtsunterricht weiss ich aber noch folgende Überlieferung: Im Jahre 1405, während der Schlacht am Stoss, warfen sich in Hirtenhemden verkleidete Appenzeller Frauen todesmutig in die rechte Flanke des österreichischen Heeres.

Führten Sie nicht vor einiger Zeit eine längere Diskussion über die Rolle Ihrer Frauen? Was war das schon wieder?

Aber auch das ist längst Geschichte. Heute haben Frauen und Männer gemeinsam an der Landsgemeinde den Neubau des Spitals bewilligt. Ich lese aus den Gesichtern im Saal, dass viele unter Ihnen ziemlich erleichtert sind …

Ich habe natürlich als früherer Arzt gebannt zugehört. Und ich muss sagen: eine spannende Frage und eine noch spannendere Diskussion.

Soll sich, oder besser, kann sich ein Halbkanton mit 16’180 Einwohner in Zukunft noch ein eigenes Spital leisten? Und wenn ja wie?

Selbst wenn der Standortvorteil, die tiefsten Krankenkassenprämien in der ganzen Schweiz aufzuweisen, etwas geritzt werden könnte?

Die Landsgemeinde hat diese Frage mit Ja beantwortet.

Ich gratuliere dir Daniel, für die souveräne Regie dieser schwierigen Diskussion!

Sehr verehrte Damen und Herren

Immer wieder hat dieser kleine Kanton Persönlichkeiten von nationaler Bedeutung hervorgebracht. Daniel Fässler (ich nenne sicherheitshalber den wiedergewählten Landammann wieder zuerst) Raymond Broger, Armin Locher, Arnold Koller, Ruth Metzler, Carlo Schmid, Arthur Loepfe, Ivo Bischofberger.

Acht Namen, zwei Bundesräte, drei Ständeratspräsidenten und drei weitere, nationale Spitzenpolitiker.

Die beiden aktuellen Eidgenössischen Parlamentarier sind unter uns: Nationalrat Daniel Fässler, gleichzeitig Ihr Regierender Landammann und Ständerat Ivo Bischofberger, vor einem Jahr Ständeratspräsident. Auf weitere gute Zusammenarbeit im fernen Bern!

Die Bäume wachsen aber auch in Innerhoden nicht in den Himmel, ganz bewusst nicht. Sie besitzen ein Rotationsprinzip, das alle zwei Jahre zwischen dem regierenden und dem stillstehenden Landammann wechselt. Es geht um die «Machtbrechung», keine und keiner soll zu lange an der Macht bleiben. Zwei Jahre sind genug.

Im Bundesrat ist es ja ähnlich: Wir kennen sogar nur das einjährige Bundespräsidium.

Sehr verehrte Damen und Herren

Zum Schluss komme ich zurück auf die Anrede in Ihrer Landsgemeinde: «Getreue, liebe Mitlandleute und Eidgenossen».

Diese sprachliche Dichte und alles nur verbindend!

Nicht einfach nur «Getreue» oder nur «Liebe», sondern «Getreue, liebe», beides zusammengefügt.

Nicht einfach nur «Landleute», sondern «Mitlandleute».

Und schliesslich noch «und Eidgenossen».

Fünf zusammengeschmiedete, verbindende Worte, aufsteigend bis auf Stufe Bund. Da steckt in wenigen Worten sehr viel Schweiz drin. Sinnbildlicher könnte man den föderalen Aufbau und Zusammenhalt unseres Landes fast nicht auf den Punkt bringen.

Es gibt heutzutage leider Entwicklungen, die an diesem Zusammenhalt der Schweiz rütteln. Ich nenne nur einige: Wachsende Polarisierung, mangelnde Lösungsbereitschaft sowie auch die Tendenz, einander nicht mehr zuhören zu können.

Bei Ihnen funktioniert vieles noch auf bewährte Weise: Es wird vor und während der Landsgemeinde informiert, diskutiert und dann entschieden.

Und, was einmal entschieden ist, gilt!

Das alles erinnert mich an mein Versprechen nach der Wahl in den Bundesrat vor der Bundesversammlung:

«Ich stelle mich als Schmied in Ihren Dienst und will unser Land noch stärker zusammenschmieden.»

Heute habe ich gesehen: Es lohnt sich!

Nach dem Besuch der heutigen Innerrhoder Landsgemeinde gilt dieses Versprechen doppelt!

Ancora grazie per il cortese invito !


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