Steuerung der Zuwanderung: Bundesrat verabschiedet Gesetzesentwurf und Verhandlungsmandat

Bern, Medienmitteilung, 11.02.2015

Am 9. Februar 2014 hat sich die Schweizer Stimmbevölkerung für eine eigenständige Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und einer gleichzeitigen Anpassung des Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union (EU) unter Wahrung des wirtschaftlichen Gesamtinteresses ausgesprochen. Der Bundesrat hat am Mittwoch verschiedene Entscheide zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen getroffen. So verabschiedete er den Entwurf zur neuen Ausländergesetzgebung sowie ergänzende Massnahmen zu einer besseren Ausschöpfung des inländischen Potenzials an Arbeitskräften. Zudem hat er das Mandat für Verhandlungen mit der EU über das Abkommen zur Personenfreizügigkeit definitiv beschlossen.

Medienkonferenz des Bundesrates vom 11. Februar 2015
Medienkonfrenz Bundesrat 11.2.2015 DEA

Der neue Verfassungsartikel 121a enthält zwei Aufträge: Ein neues Zuwanderungssystem einzuführen sowie Verhandlungen zur Anpassung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU (FZA) aufzunehmen. Diese beiden Aufträge müssen bis im Februar 2017 umgesetzt sein.

Gesetzesänderungen gehen in die Vernehmlassung
Das vom Bundesrat erarbeitete Zuwanderungssystem enthält jährliche Höchstzahlen und Kontingente für alle Ausländerinnen und Ausländer und sieht vor, dass bei Stellenbesetzungen inländischen Arbeitskräften Vorrang gewährt wird. Die Zulassung für EU-Bürgerinnen und -Bürger wird wie bisher im FZA geregelt, welches entsprechend dem Verfassungsauftrag angepasst werden muss. Die Resultate der angestrebten Verhandlungen mit der EU sind deshalb für den vorliegenden Gesetzesentwurf von Bedeutung. Für Drittstaatenangehörige sieht der Vernehmlassungsentwurf wie bis anhin Kontingente und Inländervorrang vor.

Gemäss dem Vorschlag des Bundesrats werden den Höchstzahlen Aufenthalte zur Erwerbstätigkeit ab vier Monaten Dauer unterstellt, also Aufenthaltsbewilligungen wie auch Kurzaufenthaltsbewilligungen. Ebenso unterliegen Grenzgängerinnen und Grenzgänger, Familienangehörige, Nicht-Erwerbstätige sowie Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen den Höchstzahlen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Bundesrat die Höchstzahlen und Kontingente festlegt. Auf ein zum Vornherein definiertes starres Reduktionsziel wird zu Gunsten des gesamtwirtschaftlichen Interesses verzichtet. Der Bundesrat stützt sich hierbei auf die Bedarfserhebungen der Kantone sowie auf die Empfehlungen einer Zuwanderungskommission.

Der Entwurf sieht weiter vor, dass der Inländervorrang im Einzelfall geprüft wird. Jedoch gibt es Ausnahmen bei Berufen mit ausgewiesenem Fachkräftemangel: Dort soll auf eine weitergehende Prüfung verzichtet werden. Diese Lösung trägt der unterschiedlichen arbeitsmarktlichen Situation in den verschiedenen Branchen Rechnung.

Mandat zu Verhandlungen über Personenfreizügigkeit definitiv verabschiedet
Der Bundesrat hat zudem das Verhandlungsmandat zur Anpassung des FZA mit der EU verabschiedet. Das Mandat zielt darauf ab, das Abkommen so anzupassen, dass es der Schweiz künftig möglich ist, die Zuwanderung eigenständig zu steuern und zu begrenzen - unter Wahrung der gesamtwirtschaftlichen Interessen. Gleichzeitig soll der bilaterale Weg als Grundlage der Beziehungen zur EU gesichert werden. Beide Ziele sind gemäss Mandat in gleichem Masse zu verfolgen.

Das Mandat wurde im Rahmen der Konsultationen von den aussenpolitischen und staatspolitischen Kommissionen der Eidgenössischen Räte sowie der Konferenz der Kantonsregierungen und den Sozialpartnern begrüsst. Das EJPD und das EDA werden in den kommenden Wochen und Monaten intensive Konsultationen mit der EU durchführen. Um Verhandlungen aufzunehmen, braucht es das Einverständnis der EU sowie aller Mitgliedstaaten.

Begleitmassnahmen ergänzen
Um bei einer Begrenzung der Zuwanderung sicherzustellen, dass die Schweizer Unternehmen auch in Zukunft die benötigten Fachkräfte finden, ist es notwendig, das inländische Potenzial an Arbeitskräften noch besser zu nutzen. Der Bundesrat hat sich heute über die bessere Ausschöpfung dieses Potenzials im Rahmen der Fachkräfteinitiative (FKI) des WBF ausgetauscht. Das WBF wird in Zusammenarbeit mit den Departementen, den Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt die Arbeiten dazu intensivieren und bis Ende Juni 2015 Bericht erstatten. In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat rund zwanzig Massnahmen besprochen, welche die Departemente in den Bereichen Sozialversicherungen, Besteuerung, Gesundheit, Infrastrukturen oder Sicherheit ergriffen haben. Diese zielen darauf ab, das inländische Potenzial an Arbeitskräften, insbesondere Frauen und ältere Arbeitnehmende, zu mobilisieren.

Ferner hat der Bundesrat in Ergänzung der FKI vier zusätzliche Massnahmen beschlossen, damit vermehrt inländische Arbeitskräfte eingestellt und so die beruflichen Perspektiven aller Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz verbessert werden, insbesondere auch bei den schwächsten Gruppen auf dem Arbeitsmarkt. Diese Massnahmen sollen es ermöglichen, Arbeitssuchenden einen Informationsvorsprung zu gewähren, indem die offenen Stellen der Bundesverwaltung den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) vor ihrer Veröffentlichung zugänglich gemacht, eine allfällige Erhöhung des Kredits für die Integration der Migrantinnen und Migranten zu prüfen, das Bildungsangebot im medizinischen Bereich auszubauen und die berufliche Integration der Menschen mit einer Behinderung zu stärken. Der Bundesrat hat die zuständigen Departemente beauftragt, die vorgängige Meldung der offenen Stellen bei den RAV sicherzustellen sowie die Sondierungsarbeiten zu lancieren und ihm einen Vorschlag für die Umsetzung der übrigen drei Massnahmen bis Ende 2015 oder Anfang 2016 zu unterbreiten.

Besserer Zugang zum Arbeitsmarkt für Personen aus dem Asylbereich
Personen aus dem Asylbereich, die in der Schweiz leben, sind ebenfalls Teil des inländischen Potenzials an Arbeitskräften, das besser ausgeschöpft werden könnte. Der Bundesrat will deshalb die administrativen Hürden für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen abbauen, so dass diese leichter arbeiten können. Hier geht es beispielsweise darum, die Bewilligungspflicht für Erwerbstätigkeit abzuschaffen und durch ein einfaches Meldeverfahren zu ersetzen.

Das Vernehmlassungsverfahren zu den Gesetzesentwürfen dauert vom 11. Februar bis zum 28. Mai 2015. Die Gesamtbeurteilung der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung wird erst möglich sein, wenn auch das Verhandlungsresultat der Anpassung FZA vorliegt und die Begleitmassnahmen einbezogen worden sind.


Weiterführende Informationen

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