Wirtschaftliche Bedeutung der bilateralen Abkommen

Schweizer Münzen fülllen das ganze Bild aus.
Der EU-Binnenmarkt zählt über 440 Millionen Personen und ist einer der grössten Märkte der Welt. Für die Schweiz ist er wirtschaftlich von entscheidender Bedeutung. © Pixabay

Mit den bilateralen Abkommen wurden Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EU abgebaut. Das Freihandelsabkommen Schweiz – EU von 1972 wird durch die bilateralen Verträge ergänzt und weitere Märkte wurden schrittweise und kontrolliert geöffnet. Davon profitieren beide Seiten: Erleichterte Handelsbedingungen und verstärkter Wettbewerb bewirken Wachstumseffekte, sie sichern und schaffen Arbeitsplätze.

Die exportorientierte Schweiz pflegt enge Handelsbeziehungen mit der EU. Die Grundlage dafür bildet das Freihandelsabkommen von 1972, das eine Freihandelszone für industrielle Erzeugnisse schafft. Seit 1999 haben die Schweiz und die EU bilaterale Abkommen abgeschlossen, die den Marktzugang in bestimmten Sektoren weiter öffnen.

Schweizer Unternehmen können dank diesen Abkommen einfacher auf dem EU-Binnenmarkt tätig sein und dadurch potenzielle Grössenvorteile, sogenannte Skaleneffekte, nutzen. Ein Wegfall der bilateralen Verträge würde zu einem deutlich schwächeren Wirtschaftswachstum in der Schweiz führen, einhergehend mit einem Verlust an Rechtssicherheit und einer Verschlechterung der Standortattraktivität.

Bilaterale I: Personenfreizügigkeit (FZA), Abbau von Handelshemmnissen und Marktöffnung

Das Abkommen über die Personenfreizügigkeit ist ein zentraler Pfeiler der Bilateralen Verträge und leistet einen wichtigen Beitrag zu den engen Wirtschaftsbeziehung zwischen der Schweiz und der EU. Gemäss Studien hat das FZA den grössten wirtschaftlichen Effekt der Bilateralen I. Es ermöglicht es den Unternehmen, bei Bedarf flexibel und mit geringem administrativen Aufwand auf ein grosses Arbeitskräfteangebot, insbesondere auch von Fachkräften, zurückzugreifen. Dies sichert Arbeitsplätze in der Schweiz, stärkt die Schweizer Wirtschaft, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität.

Das Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse vereinfacht die Vermarktung zahlreicher Industrieprodukte. Produkte müssen daraufhin geprüft werden, ob sie die geltenden Vorschriften erfüllen und in Verkehr gebracht werden dürfen (Konformitätsbewertung). Diese Prüfung muss für die vom Abkommen abgedeckten Bereiche nur noch einmal durchlaufen werden – sie gilt dann sowohl in der Schweiz als auch in der EU.

Die Abkommen in den Bereichen Luft- und Landverkehr, öffentliche Beschaffungen und Landwirtschaft bieten Schweizer Unternehmen ebenfalls Vorteile, indem diese in den genannten Sektoren Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten. Beispielsweise profitieren Schweizer Airlines von den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie ihre europäischen Konkurrenten im europäischen Luftraum. Dazu gehören ein Diskriminierungsverbot, eine freie Tarifpolitik und eine freie Wahl der anzufliegenden Destinationen. Dies ermöglicht eine bessere Flottenauslastung und senkt die Flugkosten.

Da Anbieter aus EU-Mitgliedstaaten in den verschiedenen genannten Bereichen freien Zutritt zum Schweizer Markt haben, hat sich der Wettbewerbsdruck in den entsprechenden Sektoren tendenziell erhöht und es wurden Anreize zur Produktivitätssteigerung gesetzt.

Das Forschungsabkommen bildet die Grundlage für eine vollständige Beteiligung der Schweiz an den Forschungsrahmenprogrammen der EU. Die Schweiz profitiert durch ihre Beteiligung an den Rahmenprogrammen der EU im Bereich Forschung und Innovation in wissenschaftlicher, technologischer und wirtschaftlicher Sicht. Der Forschungsstandort Schweiz ist damit Teil weltweit herausragender Forschungsprojekte, zu denen die Schweiz massgebend mit Knowhow beiträgt. Die Schweiz profitiert dabei von den erheblichen finanziellen Mitteln und andere Ressourcen, wie auch von den langjährig aufgebauten Kooperationspartnerschaften. Die Teilnahme an bisherigen Projekten der Forschungsrahmenprogramme führte zu Umsatzsteigerungen (bei ca. 30% aller Projektbeteiligungen durch Industrie und KMU) und Unternehmensgründungen (bei ungefähr jeder zehnten Projektbeteiligung) und trug erheblich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz bei.

Bilaterale II: Marktöffnungen für die Nahrungsmittelindustrie, freier Grenzverkehr und europäische Zusammenarbeit in den Bereichen Migration und Sicherheit (Schengen/Dublin)

Im Paket der Bilateralen II ist nur das Abkommen über die landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte ein Marktöffnungsabkommen im Sinne der Bilateralen I. Es bringt Exporterleichterungen für die Nahrungsmittelindustrie. Die Assoziierung an Schengen/Dublin ist nichtsdestotrotz von grosser Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft. Ein Wegfall würde bis 2030 voraussichtlich zu einem jährlichen Einkommensverlust zwischen 4.7 bis 10.7 Milliarden Franken führen. Das Schengen-Visum sowie die Erleichterung des Reiseverkehrs (Verzicht auf systematische Grenzkontrollen an den Binnengrenzen) haben dabei den grössten Effekt, insbesondere für die Grenzregionen und den Tourismussektor. Unter anderem aufgrund der durch Dublin ermöglichten Einsparungen im Asylbereich fällt auch die finanzielle Bilanz von Schengen/Dublin positiv aus. Die Vorteile der Assoziierung gehen aber über rein monetäre Aspekte hinaus und betreffen wesentlich die Rahmenbedingungen einer erfolgreichen Volkswirtschaft. Ohne die Schengen-Instrumente im Bereich der Polizeizusammenarbeit würden substantielle Lücken im Bereich der inneren Sicherheit entstehen. Dank dem praktisch unbehinderten Grenzverkehr sind zudem in urbanen Grenzregionen wie Genf oder Basel bi- respektive trinationale Lebens- und Wirtschaftsräume entstanden. Ohne Schengen/Dublin-Assoziierung würden die Landesgrenzen der Schweiz auch wieder zu Grenzen der Wirtschafts- und der Lebensräume.

Wirtschaftliche und demographische Eckdaten Schweiz–EU

Über die Hälfte des Schweizer Aussenhandels findet mit der EU statt. 48% der Schweizer Warenexporte (rund 110 Mrd. CHF) gingen 2020 in den EU-Raum. Umgekehrt stammten 66% der Schweizer Warenimporte (rund 120 Mrd. CHF) aus der EU. 2020 war die EU für die Schweiz mit Abstand die wichtigste Handelspartnerin, während die Schweiz zusammen mit China, den USA und dem UK zu den vier wichtigsten Handelspartnern der EU gehörte.

2020 lebten mehr als 440’000 Schweizerinnen und Schweizer in den EU/EFTA-Staaten. Umgekehrt lebten 2020 1,4 Mio. Bürgerinnen und Bürger der EU/EFTA/UK in der Schweiz; 340'000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus der EU/EFTA/UK arbeiteten in der Schweiz.

Quellen: Eidgenössische Zollverwaltung EZV, Bundesamt für Statistik BFS und Schweizerische Nationalbank SNB

(Quellen: Eidgenössische Zollverwaltung EZV, Bundesamt für Statistik BFS und Schweizerische Nationalbank SNB)