Rückblick auf ein erfolgreiches aussenpolitisches Jahr

Jeweils Anfang Jahr veröffentlicht der Bundesrat den Aussenpolitischen Bericht. Darin fasst er die wichtigsten aussenpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres zusammen und bewertet sie. 2019 polarisierten Bewegungen wie «Friday for Future» oder die Massenproteste in Hongkong und die Konkurrenz der grossen globalen Player wie den USA, China und Russland verschärfte sich. Wie konnte sich die Schweiz in dieser Konstellation behaupten?

Mosambiks Präsident Nyusi und der Führer der einstigen Rebellengruppe Renamo, Momade, umarmen sich bei der Zeremonie zum Friedensabkommen nach Jahrzehnten der Gewalt.

Gute Dienste: Bei der Zeremonie zum Friedensabkommen in Mosambik stand der Schweizer Botschafter in der vordersten Reihe: Er hatte erfolgreich zwischen den Parteien vermittelt. © EDA

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz. Die Schweiz unterhielt direkte Kontakte zu vielen Staaten auf höchster politischer Ebene, war für ihre Guten Dienste stark gefragt, setzte wichtige Zeichen in der Wissenschaftsdiplomatie und beim internationalen Genf und konnte die Verschränkung von Aussen- und Innenpolitik ausbauen. Der Bericht zeigt auf, wie der Bundesrat seine Aussenpolitik mehr noch als bisher in der Innenpolitik verankert. Neben dem Einbezug des Parlaments, der Kantone und weiteren Schweizer Akteuren in seine Arbeit, organisierte das EDA in 16 Kantonen Diskussionsrunden mit der Bevölkerung
(Meet the Ambassadors) – auch dies mit dem Ziel einer bürgernahen Aussenpolitik.

Bei der Umsetzung der Aussenpolitischen Strategie 2016–2019 hat die Schweiz insgesamt gute Ergebnisse erzielt.
Bundesrat / Aussenpolitischer Bericht 2019

Vier Schwerpunkte 2019

2019 war für das EDA ein intensives Jahr. Auf der Traktandenliste standen unter anderem die Beziehungen der Schweiz mit der EU, das Stärken der Rolle der Schweiz auf dem internationalen Parkett, die hohe Nachfrage nach Schweizer Expertise im Bereich Frieden und Sicherheit sowie der Beitrag der Schweiz an Wohlstand und Nachhaltigkeit.

Beziehungen zur Europäischen Union

Die Flaggen der Schweiz und der EU stehen auf einem weissen Tisch.
2019 wurde ein erster Entwurf des Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der EU mit den meistbetroffenen Stakeholdern diskutiert. Allgemein ist das Ergebnis positiv, bedarf aber noch Klärungen. © Keystone

Europa ist für den Wohlstand der Schweiz in vielerlei Hinsicht zentral. Die EU ist die mit Abstand wichtigste Wirtschaftspartnerin der Schweiz. Deswegen sind dem Bundesrat stabile und enge Beziehungen zur EU, die auch ausgebaut werden können, wichtig. 2019 führte der Bundesrat Konsultationen zum Entwurf des Institutionellen Abkommens mit den meistbetroffenen Stakeholdern durch. Das Ergebnis dieser Diskussion befand der Bundesrat insgesamt als positiv. Im Hinblick auf eine Unterzeichnung des Institutionellen Abkommens forderte er jedoch Klärungen in drei Punkten:

  • Lohnschutz
  • Staatliche Beihilfen
  • Unionsbürgerrichtlinie

In Bezug auf diese drei Punkte arbeitet der Bundesrat derzeit mit den Kantonen und Sozialpartnern an innenpolitisch breit abgestützten Lösungsvorschläge, die als Basis für anschliessende Gespräche mit der EU dienen werden.

Globale Partner

Bundesrat Ignazio Cassis schüttelt in Bellinzona die Hand von US-Aussenminister Mike Pompeo.
Die Schweiz verfolgt das Ziel ihre guten Beziehungen mit den grossen globalen Playern zu vertiefen – so auch mit den USA beim Treffen im Sommer 2019 von Ignazio Cassis mit Mike Pompeo. © Keystone

Als neutrales und unabhängiges Land pflegt die Schweiz gute Kontakte zu allen Staaten. Dazu gehören sowohl die kleineren Staaten wie auch die Schwergewichte auf dem internationalen Parkett. Die Schweiz verfolgt das Ziel, ihre guten Beziehungen zu vertiefen, ihre Interessen zu wahren und gemeinsam mit ihren globalen Partnern konkrete Probleme anzugehen und diese zu lösen.

Weiterlesen

Dies geschah auch 2019 bei zahlreichen Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Staaten. Speziell wurden die Beziehungen zu Brasilien, China, Indien, Japan, Russland, Südafrika, Türkei und USA verstärkt. Gute Kontakte zu diesen acht Länder sind essentiell für die Schweiz, denn sie haben grossen Einfluss auf regionale und internationale Entwicklungen. Beispielsweise empfing 2019 die Schweiz den Präsidenten Indiens, während der damalige Bundespräsident Ueli Maurer US-Präsident Donald Trump zum Gespräch traf und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml empfangen wurde. Bundesrat Ignazio Cassis traf unter anderem in Bellinzona mit US-Aussenminister Mike Pompeo zusammen.

Die Themen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sind zentral für die Aussenpolitik der Schweiz. Gegenüber China, Russland und der Türkei hat sie im Rahmen ihrer bilateralen Gespräche klar Stellung bezogen.

Frieden, Sicherheit und das Internationale Genf

Der Wilson Globus vor dem UNO-Hauptquartier, dem Palais des Nations, in Genf.
Genf spielt für die Aussenpolitik der Schweiz eine zentrale Rolle. Sie konnte 2019 ihre Rolle als Gaststaat festigen und sich international stärker vernetzen. © Keystone

Aufgrund ihrer Neutralität und ihrer Unparteilichkeit geniesst die Schweiz weltweit eine ausgezeichnete Reputation als Vermittlerin. Jährlich begleitet sie durchschnittlich 17 Friedensprozesse. Sie spielte beispielsweise eine Schlüsselrolle im Friedensprozess in Mosambik, der im Sommer 2019 in den Abschluss eines Friedensabkommens mündete.

Weiterlesen

«Mit dem Friedensabkommen ist ein unentbehrlicher Grundstein für die Stabilität des Landes und damit auch der weiteren Region in Afrika gelegt worden», sagte Bundesrat Ignazio Cassis am 7. August 2019 an der Zeremonie zum Friedensabkommen in Maputo. «Einmal mehr konnte die Schweiz mit ihren Guten Diensten und dank ihrer Neutralität – und vor allem dank ihrer ausgezeichneten diplomatischen Mitarbeiter – einen wertvollen Beitrag leisten», so der Vorsteher des EDA.

Genf ist ein globales Kompetenzzentrum für die Themen Frieden und Sicherheit. Die Stadt beheimatet zahlreiche internationale Organisationen und NGO und ist Austragungsort von Friedensgesprächen. Die Schweiz konnte 2019 ihre Rolle als Gaststaat festigen und sich dadurch auch stärker vernetzen. Diese Vernetzung ermöglicht auch neue Formen der Zusammenarbeit. Ein Beispiel dafür ist die Stiftung «Geneva Science and Diplomacy Anticipator», die Lösungen für die digitalen und technologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sucht. Der Bundesrat hat die Stiftung im Februar 2019 gemeinsam mit der Stadt und dem Kanton Genf ins Leben gerufen.

Während des ganzen Jahres 2019 stand Genf auch im Zeichen von 100 Jahren Multilateralismus: 100 Jahre nach der Gründung des Völkerbunds in Genf wurde viel über die Herausforderungen und das Potenzial der multilateralen Zusammenarbeit diskutiert – unter anderem auch im Hinblick auf den Umgang mit neuen Technologien.

Nachhaltige Entwicklung und Wohlstand

Afrikanische Schüler halten in einem Schulzimmer Kreidetafeln mit einer Rechnung in die Höhe.
Die Schweiz setzt sich für eine Welt ohne Armut und eine nachhaltige Entwicklung ein. So auch in Benin, wo die Schweiz das Errichten von Schulen unterstützt. © Helvetas

Geleitet durch die Agenda 2030 der UNO setzt sich die Schweiz mit grossem Elan für eine Welt ohne Armut und eine nachhaltige Entwicklung ein. Gemäss der Untersuchung vom April 2019 des OECD-Entwicklungsausschusses ist die Schweiz eine starke und verlässliche Entwicklungspartnerin. Mit dem Multilateralismus als zentrales Arbeitsinstrument engagiert sich die Schweiz für die Lösung globaler Herausforderungen.

Weiterlesen

Um den nachhaltigen Entwicklungszielen der UNO in Zukunft noch mehr Rechnung tragen zu können, schuf der Bundesrat 2019 ein Direktionskomitee mit zwei Delegierten, welche die Arbeiten zur Umsetzung der Agenda 2030 der Schweiz im In- und Ausland steuern und koordinieren.

Zwischen Mai und August 2019 wurde erstmals eine öffentliche Vernehmlassung zur internationalen Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz 2021–2024 durchgeführt. Mit 249 Stellungnahmen entstand eine fruchtbare Diskussion über die Zukunft der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit sowie der Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit. Anfang 2020 entscheidet der Bundesrat über IZA-Strategie und wird die entsprechende Botschaft an das Parlament überweisen.

Unter anderem engagierte sich die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit 2019 speziell in den Bereichen Bildung, Klimawandel und Chancengleichheit. Aufgrund von Krisen, Katastrophen und Konflikten waren 2019 rund 166 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das Engagement in der Syrienkrise blieb auch 2019 die grösste humanitäre Operation der Schweiz. Sie hat 61 Millionen CHF in den Bereichen Schutz, Bildung, Wasser und Konfliktprävention eingesetzt.

Kompass der Aussenpolitik

Die Schweiz ist auf allen Ebenen eng verflochten mit dem Rest der Welt. Deshalb haben zum Beispiel bewaffnete Konflikte, wirtschaftliche Sanktionen aber auch der Klimawandel spürbare Auswirkungen auf den Wohlstand und die Sicherheit unseres Landes. Die Schweiz kann ihre Interessen am besten wahren und ihre Werte verwirklichen, wenn sie sich aktiv ins Weltgeschehen einbringt. Eine Strategie ist bei diesem Unterfangen unabdingbar, um mit ihrer Aussenpolitik die grösstmögliche Wirkung zu entfalten. Der Bundesrat hat deswegen die Aussenpolitische Strategie 2020-2023 mit den Schwerpunkten Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit und Digitalisierung verabschiedet. Sie dient als Kompass für die Aussenpolitik der Schweiz in den nächsten Jahren. Impulse kann der Schweizer Aussenpolitik auch die «Aussenpolitische Vision 2028» verleihen, die eine Expertengruppe im Auftrag des EDA erarbeitet hat. Die Expertinnen und Experten untersuchten, welche Trends in Zukunft stärker werden könnten und welche Auswirkungen sie auf die Menschen und die Gesellschaft haben.

Zum Anfang