Im Einsatz für die Menschenrechte, auch mit digitalen Mitteln
Ein dauerhafter Friede ist nur möglich, wenn die Menschenrechte geachtet werden. Von dieser Überzeugung lässt sich die Schweiz bei ihrem multilateralen Engagement leiten. Am 10. Dezember begeht die Welt den Internationalen Menschenrechtstag. Er bietet die Gelegenheit für einen Einblick in das Engagement der Schweiz zur Abschaffung der Todesstrafe. Ausgangspunkt ist die Geschichte eines jungen Mannes, der hingerichtet werden sollte für ein Verbrechen, das er als Minderjähriger angeblich begangen hat.
Die Schweiz engagiert sich über internationale Institutionen, darunter den Menschenrechtsrat in Genf, für die universale Gültigkeit der Menschenrechte. © Keystone
«Am Nachmittag des 31. Dezembers erhalte ich eine Whatsapp-Nachricht aus dem Büro des Hochkommissariats für Menschenrechte: In einem Land, in dem die Schweiz häufig interveniert, soll in Kürze ein junger Mann hingerichtet werden, der 2014 als 17-Jähriger ein Mädchen getötet haben soll. Wir machen uns unverzüglich daran, eine völkerrechtskonforme Lösung für diesen Fall zu finden. Wenige Stunden vor Neujahr ist eine Intervention möglich. Die zuständige Person in der Schweiz schickt ein SMS an ihre Kontaktperson im Aussenministerium, während ein Botschafter in Bern der verantwortlichen Person im betreffenden Land schreibt. Wir sind erleichtert, als die Hinrichtung aufgeschoben wird, was nicht nur wegen der Intervention der Schweiz und des internationalen Drucks passiert, sondern auch dank der betroffenen Familien, die einen Kompromiss gefunden haben. Das Leben des jungen Mannes ist vorerst gerettet.»
Für eine Welt ohne Todesstrafe
Laurence Strübin, diplomatische Mitarbeiterin in der Sektion Menschenrechtspolitik der Abteilung Menschliche Sicherheit (AMS) des EDA, erzählt diese Geschichte anlässlich des Internationalen Menschenrechtstages, um daran zu erinnern, dass das Engagement für die Menschenrechte und die Abschaffung der Todesstrafe mehr als eine politische Frage ist: Es kann das Schicksal eines Menschen verändern. Das Engagement der Schweiz ist wichtig. Als glaubwürdige Verteidigerin der Menschenrechte kann die Schweiz auf ein gutes internationales Kooperationsnetz zählen, das es ihr erlaubt, rasch, wirksam und kohärent tätig zu werden, auch dank der digitalen Technologien.
Das Völkerrecht verbietet die Verhängung der Todesstrafe für Straftaten, die Menschen als Minderjährige begangen haben. Dies hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt. Dennoch, werden weltweit immer noch mehr als hundert solche Todesurteile gefällt.
Die Schweiz engagiert sich gemeinsam mit der UNO und zivilgesellschaftlichen Organisationen für die Einhaltung des Völkerrechts. Dabei werden insbesondere die Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens über die Rechte des Kindes angesprochen. Das EDA hat ein Schnellwarnsystem für bevorstehende Hinrichtungen eingerichtet, um in der Schweiz und im betroffenen Land reagieren und eine Alternativlösung zur Todesstrafe finden zu können - allein oder gemeinsam mit anderen.
Internationaler Rechtsrahmen und wirksame Institutionen zur Verteidigung der Menschenrechte
Die Todesstrafe soll bis 2025 weltweit abgeschafft werden. Die Schweiz verfolgt dieses Ziel auf bilateraler und multilateraler Ebene sowie mit Projekten, Programmen und Initiativen vor Ort, die in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor umgesetzt werden.
Wo steht die Schweiz bei der Umsetzung dieses Ziels? Nach Angaben von Amnesty International haben Ende 2019 weltweit 106 Länder (d. h. die Mehrheit der Staaten) die Todesstrafe per Gesetz für alle Straftaten abgeschafft. 142 Staaten (mehr als zwei Drittel aller Staaten) haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. Auch die Zahl der Hinrichtungen ist rückläufig.
Die Schweiz fördert die universale Gültigkeit der Menschenrechte allgemein durch einen internationalen Rechtsrahmen, der von wirksamen Institutionen wie dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf und den Organen des Europarats und der OSZE unterstützt wird.
Zur konkreten Umsetzung dieses Schwerpunkts hat die Schweiz einen eigenen Aktionsplan für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe verabschiedet. Wie kann man konkret etwas bewirken? Indem man die betroffenen Staaten direkt auffordert, die Todesstrafe abzuschaffen.
Multilaterales Engagement und interregionale Taskforce
Bei den Verhandlungen über die Resolution für ein Hinrichtungsmoratorium, die der UNO-Generalversammlung in New York alle zwei Jahre vorgelegt wird, gehört die Schweiz zu den aktivsten Staaten. Im Herbst 2020 engagierte sie sich im Namen der interregionalen Taskforce, der Länder aus verschiedenen Regionen der Welt angehören, gemeinsam mit Mexiko im Dritten Ausschuss der Generalversammlung für die Resolution. Es handelt sich dabei nicht um einen rechtsverbindlichen Text, sondern um einen Appell des höchsten politischen Organs der Vereinten Nationen an die Mitgliedstaaten, ein weltweites Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe zu beschliessen. Im Jahr 2018 wurde die Resolution von einer Rekordzahl von Staaten angenommen: 121 Länder sprachen sich dafür aus.
Für 2020 strebt die Schweiz eine noch höhere Zahl von Ja-Stimmen an, um ein politisches Zeichen auf internationaler Ebene zu setzen. Die Generalversammlung stimmt am 16. Dezember 2020 über die Resolution ab.
Engagement auf lokaler Ebene: das Beispiel Indonesien
In Indonesien förderte die Schweiz dank der Unterstützung einer Nichtregierungsorganisation und des lokalen Partners durch das EDA eine sachliche Debatte über die Reform der Drogenpolitik und die Abschaffung der Todesstrafe für Drogendelikte. Dabei wurde das Thema, insbesondere die Drogen- und Gefängnispolitik, auf innovative Weise in den Kontext des indonesischen Engagements zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) gestellt.
Die Partner der Schweiz konnten bei diesen Fragen konstruktiv mit den Vertreterinnen und Vertretern der indonesischen Regierung zusammenarbeiten. Die Abschaffung der Todesstrafe für Drogendelikte wurde noch nie auf diese Weise angegangen, und die Reaktion der beteiligten Personen war positiv.