Jürg Lauber zum Vorsitzenden des UNO-Menschenrechtsrats gewählt
Botschafter Jürg Lauber, ständiger Vertreter der Schweiz beim Büro der Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen in Genf, wurde am 9. Dezember 2024 zum Vorsitzenden des UNO-Menschenrechtsrats (MRR) gewählt, zwei Monate nach der Wahl der Schweiz in das wichtigste UNO-Menschenrechtsgremium.
Mit der Wahl eines Schweizer Diplomaten zum Ratsvorsitzenden wird auch der Einsatz der Schweiz für die Menschenrechte gewürdigt. © Keystone
Mit der Wahl eines Schweizer Diplomaten zum Ratsvorsitzenden werden nicht nur dessen Verdienste, sondern auch die Rolle der Schweiz gewürdigt, die sich für die Menschenrechte und für eine Annäherung unterschiedlicher Gruppen und Positionen einsetzt.
Herr Lauber, die Schweiz zeichnet sich in den multilateralen Gremien durch ihre ausgewiesene Expertise und einen hervorragenden Ruf aus. Die Wahl eines Schweizers an die Spitze des UNO-Menschenrechtsrats ist auch ein Zeichen des Vertrauens in unser Land. Sehen Sie das auch so?
Ja. Ich bin mir dessen bewusst und fühle mich sehr geehrt. Gleichzeitig ist damit auch eine grosse Verantwortung verbunden. Im multilateralen System ist die Schweiz dafür bekannt, dass sie sich oft erfolgreich für die Annäherung unterschiedlicher Positionen einsetzt. Natürlich will ich dem auch gerecht werden. Ich werde mich dafür einsetzen, so weit wie möglich Meinungsverschiedenheiten abzubauen, und dafür sorgen, dass der Rat sein Mandat so effizient wie möglich erfüllen kann.
Die Schweiz zeichnet sich auch durch ihre Glaubwürdigkeit und Effizienz aus. Dies wird sich in der Arbeitsorganisation widerspiegeln, die ebenfalls zu meinem Aufgabengebiet gehört.
Es ist das erste Mal, dass ein Schweizer den Ratsvorsitz übernimmt, obwohl die Schweiz im Jahr 2006 massgeblich zur Schaffung dieses Gremiums beigetragen hat. Ist es an der Zeit, dass sie in diesem Gremium mehr Verantwortung übernimmt?
Es war vor allem das erste Mal, dass die Schweiz für den Vorsitz kandidieren durfte. Der Menschenrechtsrat beruht auf Mechanismen, die eine gerechte Vertretung der verschiedenen Weltregionen gewährleisten. Die Länder der westlichen Gruppe übernehmen alle fünf Jahre den Vorsitz. Für eine Kandidatur muss man zudem Ratsmitglied sein. Eine solche Konstellation hat sich der Schweiz zuvor noch nie geboten. Dass es bisher nicht möglich war, ist also eher auf verfahrenstechnische Hürden zurückzuführen und nicht etwa auf eine mangelnde Motivation unseres Landes.
So haben die anderen Länder in unserer Gruppe das Engagement der Schweiz anerkannt und meine Kandidatur einstimmig unterstützt.
Der Vorsitz ist für ein Jahr. Welchen Einfluss werden Sie auf die Ratsgeschäfte haben und welche Fortschritte könnten im Jahr 2025 erzielt werden?
Der Rat hat das Mandat, die Menschenrechte weltweit zu fördern, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern oder entsprechende Massnahmen zu ergreifen und Staaten bei der Verbesserung ihrer Menschenrechtssituation zu unterstützen. Die Aufgabe des Vorsitzenden besteht darin, durch eine effiziente und effektive Arbeitsweise des Rates zur Erfüllung dieses Mandats beizutragen. Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage ist der Menschenrechtsrat stark gefordert. Gleichzeitig sind die Ressourcen begrenzt. Auch nächstes Jahr ist es wichtig, die Ressourcen dort einzusetzen, wo sie die grösste Wirkung erzielen können.
Der Ratsvorsitz wird von einem Schweizer und nicht der Schweiz übernommen. Ist die Unterscheidung wichtig?
Ja und Nein. Die oder der Vorsitzende des Menschenrechtsrats wird ad personam ernannt. Dies gilt auch für den Vorsitz der UNO-Generalversammlung. Für einen Mitgliedstaat ist die Förderung der eigenen Werte und Interessen oberstes Ziel. Beim Vorsitz geht es in erster Linie um den reibungslosen Betrieb des MRR. Natürlich beruht diese Arbeit auf den Werten der oder des Ratsvorsitzenden, die gleichzeitig auch die Werte ihres oder seines Landes sind.
Natürlich wird die oder der Vorsitzende oft mit ihrem oder seinem Land in Verbindung gebracht. Denken wir an Joseph Deiss, der als Vorsitzender der UNO-Generalversammlung ein ausserordentlicher Botschafter der Schweiz war, obwohl er ad personam gewählt worden war.
Kann Ihre Wahl zur Stärkung der Position der Schweiz in den UNO-Institutionen beitragen?
Die Schweiz spielt seit jeher eine wichtige Rolle auf dem multilateralen Parkett, seit 2002 als Vollmitglied der UNO, aber auch als Gaststaat von über 40 internationalen Organisationen mit Sitz in Genf.
Unsere Diplomatinnen und Diplomaten vertreten die Werte und Interessen der Schweiz mit Überzeugung, aber auch mit Respekt und dem Wissen, dass Kompromiss und Konsens nicht gleichzusetzen sind. Unser Land wird respektiert und gehört.
Durch die Übernahme besonderer Aufgaben, wie in den letzten beiden Jahren im UNO-Sicherheitsrat oder jetzt durch die Mitgliedschaft und den Vorsitz im Menschenrechtsrat, stärkt die Schweiz ihr Profil und ihren Einfluss. Die Schweiz hat tiefe und starke demokratische Wurzeln. Sie will sich aktiv an den Entscheidungen beteiligen, die sich auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit auswirken.