Vertrauen, Ruhe und Sachlichkeit
Botschafter Patric Franzen will als Chef der Abteilung Europa im EDA die Botschaften im EU-Raum noch stärker in die Arbeit einbeziehen.
Botschafter Patric Franzen, Chef der Abteilung Europa im EDA und stellvertretender Staatssekretär © EDA
Botschafter Patric Franzen trat 1999 ins EDA ein. In der Direktion für Völkerrecht arbeitete der ausgebildete Jurist im Bereich Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte, bevor er 2000-2001 an die Schweizer Botschaft nach Singapur wechselte. Dort war er für internationale Finanzfragen, Unterstützung von KMU und Wissenschaft zuständig. Zwischen 2001 und 2004 arbeitete er in der Abteilung Sicherheitspolitik an der Zentrale in Bern. Von 2004 bis 2008 war er an der Schweizer Vertretung in Moskau unter anderem für Sicherheitspolitik, Zusammenarbeit im Justizbereich und Menschenrechte zuständig. Nach zwei Jahren als Regionalkoordinator Mittlerer Osten mit besonderem Fokus auf die Guten Dienste der Schweiz im Zusammenhang mit den Atomverhandlungen mit Iran wechselte Patric Franzen 2010 als Stabschef des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) ins Eidgenössische Finanzdepartement (EFD). Von 2014 bis 2018 war er stellvertretender Missionschef an der Schweizerischen Botschaft in Moskau, bevor er 2018 vom Bundesrat zum Schweizer Botschafter in Georgien ernannt wurde.
Als Leiter der Abteilung Europa und stellvertretender Staatssekretär folgt Patric Franzen auf Joseph Philipp Renggli, der diese Funktionen in den letzten Monaten interimistisch ausgeübt hat und im Sommer 2021 seinen Posten als Schweizer Botschafter in Tunesien antreten wird.
Patric Franzen, Sie wurden im Januar 2021 zum neuen Chef der Abteilung Europa im EDA ernannt. Nun haben Sie Ihre neue Funktion angetreten – in einer Zeit, in der die Europapolitik breit diskutiert wird. Welche Aufgaben stehen für Sie nun im Vordergrund?
Ich freue mich sehr auf dieses wichtige und vielfältige Dossier. Ich habe ein motiviertes und hochqualifiziertes Team angetroffen. Unmittelbar geht es darum, rasch die operationelle Verantwortung für die anspruchsvollen und komplexen Dossiers wahrzunehmen, Vertrauen gegenüber allen beteiligten Akteuren zu schaffen und mit Ruhe und Sachlichkeit das Netzwerk in der Bundesverwaltung sowie die Kontakte mit den Stakeholdern und den ausländischen Gesprächspartnern aufzubauen. Es ist mir zudem ein besonderes Anliegen, unsere Botschaften, unsere Kolleginnen und Kollegen im EU-Raum noch stärker in unsere Arbeit miteinzubeziehen.
Zuletzt waren Sie Schweizer Botschafter in Tiflis. Ist der Wechsel an die Zentrale in Bern für Sie eher eine diplomatische Routine – oder was hat Sie speziell an der Abteilung Europa gereizt?
Ich habe noch nie eine Versetzung erlebt, die Routine war. Das Wechselspiel zwischen Posten in der Zentrale und im Ausland ist wertvoll und macht die Diplomatie aus. Es ist sehr nützlich, wenn man beide Seiten erlebt hat. Ich bin motiviert, meine Führungs- und diplomatische Erfahrung sowie meine gewonnene Aussenperspektive bei der Bewältigung der Herausforderungen in unseren Beziehungen mit Europa einzubringen.
Sie sind als Jurist 1999 ins EDA eingetreten und waren zunächst im Bereich Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte tätig. Ihr Werdegang zeigt aber auch Schwerpunkte bei der Finanzpolitik und der Sicherheitspolitik, unter anderem in Singapur, beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen oder als stellvertretender Missionschef in Moskau. Was ist Ihre persönliche Motivation hinter diesen durchaus unterschiedlichen Arbeitsfeldern?
Die verschiedenen Arbeitsfelder sind bereichernd und ergänzen sich gegenseitig. Ich bin es zudem gewohnt, mich relativ rasch in Dossiers einzuarbeiten. Aber schlussendlich geht es immer um dasselbe: die Interessen, Prinzipien und Werte der Schweiz möglichst umfassend und wirkungsvoll zu vertreten und mit der Gegenseite ein ausgewogenes Gleichgewicht zu finden.
Welche Erfahrungen aus ihren bisherigen Karrierestationen können Sie an der Spitze der Abteilung Europa besonders gut brauchen?
Die Erfahrung in der Betreuung von Bundesrats- und Parlamentsgeschäften, die Verhandlungserfahrung in Finanz- und Steuerfragen, die Betreuung des Europadossiers aus der Perspektive eines Fachamtes, die Führungserfahrung im Aufbau von nachhaltigen Strukturen, die mehrjährige Betreuung eines Schutzmachtmandates und das erprobte Krisenmanagement sind sicher ein solides, vielfältiges Fundament für meine neue Tätigkeit. Aber es scheint mir ebenso wichtig, die neue Aufgabe offen, neugierig und pragmatisch anzugehen und sich auf die Herausforderungen ohne Vorurteile einzulassen.
Neben der Leitung der Abteilung Europa sind Sie mit Botschafter Johannes Matyassy Stellvertreter von Staatssekretärin Livia Leu. Welche Aufgaben werden Sie in dieser Funktion betreuen?
Für mich geht es einerseits darum, die Staatssekretärin, die ja gleichzeitig EU-Chefunterhändlerin ist, in allen Fragen, welche Europa betreffen, mit meinem Team optimal zu unterstützen, zu beraten und zu vertreten. Andererseits freue ich mich darauf, mich in der Leitung des Staatssekretariats als Stellvertreter komplementär einbringen zu können, um die aussenpolitische Strategie des Bundesrates erfolgreich zu verwirklichen und, wo möglich, Akzente zu setzen.
Patric Franzen, ein Diplomat mit reicher Erfahrung
Botschafter Patric Franzen ist ein Karrierediplomat und hatte im Verlauf der letzten zwanzig Jahre verschiedene diplomatische Funktionen inne. Er trat 1999 ins Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern ein und arbeitete in der Sektion Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte der Direktion für Völkerrecht. 2000 wechselte er in die Schweizer Botschaft in Singapur, wo er bis 2001 für internationale Finanzfragen, Unterstützung von KMU und Wissenschaftskooperation zuständig war. 2001 kehrte er nach Bern zurück und war bis 2004 in der Abteilung Internationale Sicherheitspolitik für die Partnerschaft für den Frieden, Neue Sicherheit, und die zivil-militärische Zusammenarbeit des EDA verantwortlich. Von 2004 bis 2008 war er an der Schweizer Botschaft in Moskau schwerpunktmässig für russische Aussen- und Sicherheitspolitik, Zusammenarbeit im Justizbereich, Menschenrechte und Innenpolitik zuständig. Von 2008 bis 2010 war er Regionalkoordinator Mittlerer Osten in der EDA-Abteilung Afrika und Mittlerer Osten mit besonderem Fokus auf die Guten Dienste der Schweiz im Zusammenhang mit den Atomverhandlungen mit Iran.
2010 wechselte er ins Eidgenössische Finanzdepartement (EFD), wo er bis 2014 Stabschef und Mitglied der Geschäftsleitung des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) war. Von 2014 bis 2018 war er Minister und stellvertretender Missionschef an der Schweizer Botschaft in Moskau, bevor er 2018 zum Schweizer Botschafter in Georgien ernannt wurde. Botschafter Franzen hat an der Universität Bern Recht studiert und spricht Deutsch, Französisch und Englisch.