Wozu dient die UNO-Generalversammlung, und warum nimmt die Schweiz daran teil?

Am 15. September 2020 wird die 75. UNO-Generalversammlung eröffnet. Die Tagung beginnt mit einer hochrangigen Woche, die zum ersten Mal digital durchgeführt wird. Die Schweiz hat sich vier Prioritäten für die Tagung gesetzt: Bewältigung der Folgen von COVID-19, UNO-Reform, Cybersicherheit und digitale Gouvernanz sowie internationales Genf.

Blick in den Plenarsaal der Generalversammlung am Sitz der Vereinten Nationen in New York.

Die UNO feiert 2020 ihr 75-jähriges Bestehen. © Keystone

Die nächste Tagung der UNO-Generalversammlung beginnt am 15. September 2020 und dauert ein Jahr. An der Eröffnungswoche werden wie üblich über Hundert Staats- und Regierungschefs und –chefinnen aus der ganzen Welt mit ihren Delegationen teilnehmen. Die Schweiz wird von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und dem Vorsteher des EDA, Bundesrat Ignazio Cassis, vertreten.

Meinungsaustausch unter den Mitgliedstaaten

An der Generalversammlung nehmen die 193 Mitgliedstaaten der UNO teil, darunter die Schweiz. Die Tagung dauert ein Jahr und beginnt mit einer hochrangigen Woche.

Der medienwirksamste Teil der hochrangigen Woche ist die Generaldebatte, an der die Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Länder über je 15 Minuten Redezeit verfügen. Die Länder und Delegationen nutzen die Gelegenheit auch, um Parallelveranstaltungen und bilaterale Treffen mit Amtskolleginnen und Amtskollegen aus der ganzen Welt zu organisieren.

Aufgrund der COVID-19-Pandemie findet die hochrangige Woche hauptsächlich virtuell und nicht am New Yorker Sitz der Organisation statt. Sie wurde auf zwei Wochen verlängert und dauert vom 21. September bis 2. Oktober 2020.

Schweizer Fahne und UNO-Flagge.
Schweizer Fahne und UNO-Flagge. © Keystone

Schweiz und UNO – gleiche Ziele und Grundsätze

Die in der Bundesverfassung festgelegten Interessen und Werte entsprechen weitgehend den Zielen und Grundsätzen der UNO-Charta. Die UNO ist für die Schweiz daher ein zentrales Instrument zur Wahrung ihrer aussenpolitischen Ziele und Interessen. Die UNO bietet der Schweiz zudem ein Vielfaches an Möglichkeiten zur Einflussnahme. Als aktiver UNO-Mitgliedstaat und Gaststaat vieler internationaler Organisationen kann die Schweiz ihre Interessen und Werte global fördern und sich für die Einhaltung und Stärkung des Völkerrechts einsetzen.

In der Aussenpolitischen Strategie 2020–2023 unterstreicht der Bundesrat die wichtige Rolle der UNO für die Schweizer Aussenpolitik.

Webdossier: 75. UNO-Generalversammlung – Prioritäten der Schweiz

Basierend auf der Aussenpolitischen Strategie sowie in Weiterverfolgung ihrer Kandidatur für einen Einsitz im Sicherheitsrat 2023–2024 hat die Schweiz für die kommende UNO-Generalversammlung folgende vier Prioritäten festgelegt:

  • Bewältigung der Folgen von COVID-19
  • UNO-Reform
  • Cybersicherheit und digitale Gouvernanz
  • Internationales Genf

Das Dossier bietet regelmässig aktualisierte Informationen über die 75. UNO-GV.

Zum Dossier

Staaten auf Augenhöhe

Die jährliche Generalversammlung ist ein Dialogforum. Hier werden globale Themen wie Armutsbekämpfung, Achtung der Menschenrechte, Friedenssicherung oder Bekämpfung des Klimawandels diskutiert.

Die Generalversammlung verfügt über ein sehr breites Mandat. Sie genehmigt das Budget der UNO und die Berichte ihrer Unterorgane. Sie beschliesst Resolutionen über das Verhalten von Staaten, setzt Nebenorgane ein (z. B. den Menschenrechtsrat), verfasst internationale Übereinkommen, richtet Untersuchungsmechanismen ein und bestimmt die Modalitäten von Gipfeltreffen.

Alle Mitgliedstaaten sind gleichberechtigt und verfügen über je eine Stimme.

Zwei Fragen an...

Flavio Milan, Chef der UNO-Koordination des EDA

 

Warum ist es wichtig, dass sich die Schweiz an und in der UNO-Generalsversammlung beteiligt?

Die Schweiz und die UNO setzen sich beide für dieselben Ziele und Werte ein: Kampf gegen die Armut, Achtung der Menschenrechte, Demokratie, friedliches Zusammenleben der Völker und Erhaltung der natürlichen Ressourcen. Vor diesem Hintergrund hat sich das Schweizer Stimmvolk 2002 dafür ausgesprochen, dass wir der UNO als Vollmitglied beitreten.

Die UNO-Generalversammlung ist dasjenige Hauptorgan der UNO, bei dem alle Länder der Welt auf Augenhöhe vertreten sind und jedes für sie wichtige Thema diskutieren können.

Seit ihrem Beitritt nutzt die Schweiz deshalb die GV als zentrales multilaterales Forum, um ihren Standpunkt einzubringen, Partnerschaften zu schmieden und zu stärken und so ihre Interessen zu vertreten. Die Schweiz ist in der Generalversammlung oft eine treibende Kraft für neue Ansätze. So initiierten wir zusammen mit fünf anderen Ländern die allererste Resolution der UNO zur COVID-Thematik. Für unsere Bundesräte ist die jährliche hochrangige Eröffnung der GV auch eine gute Gelegenheit für Kontakte und Netzwerkpflege.

 

Geopolitische oder wirtschaftliche Spannungen nehmen zu, der klimatische Notstand steht im Mittelpunkt der Debatten: Ist ein solches Gremium noch wichtig?

Wenn nicht jetzt, wann dann? Die heutigen Herausforderungen brauchen grenzüberschreitende und koordinierte Lösungen. Die Aufrechterhaltung des Dialoges zwischen den Staaten ist gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Multilaterale Gremien wie die UNO haben daher eine grosse Bedeutung, gerade für kleinere und mittelgrosse Staaten, die in exklusiven Formaten wie der G7 oder der G20 nicht dabei sind.

Im Rahmen des UNO-Reformprozesses setzen wir uns dafür ein, dass das ganze UNO-System möglichst wirksam und effizient ist.

Im Rahmen des UNO-Reformprozesses setzen wir uns dafür ein, dass das ganze UNO-System möglichst wirksam und effizient ist. Die UNO-Generalversammlung ist das einzige Gremium der Welt, in dem sich alle Staaten treffen und sämtliche Fragen von globaler Relevanz gemeinsam diskutieren. Die aktuellen weltpolitischen Herausforderungen bestehen trotz und nicht wegen der UNO. Gleichzeitig ist die Konsensfindung unter 193 Staaten natürlich herausfordernd und zeitintensiv. Manchmal gelingt es auch nicht. Versuchen muss man es trotzdem. Es gibt momentan keine vergleichbare Alternative, um die grossen Probleme unserer Zeit anzugehen.

Zum Anfang