Agenda 2030 in der Schweiz: Gemeinsam handeln, damit alle in Würde leben können

Die Schweiz hat sich politisch verpflichtet, die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umzusetzen, welche soziale, wirtschaftliche und umweltpolitische Ziele definiert. Alle UNO-Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diese regelmässig zu evaluieren und die Ergebnisse zu veröffentlichen. Die Schweiz präsentiert 2022 den zweiten freiwilligen umfassenden Länderbericht. Dafür haben Informatik EDA und das Staatssekretariat EDA ein massgeschneidertes Tool entwickelt.

Ein Mann entsorgt eine Büchse Weissblech. Zudem sind drei Sammelstellen für Aluminium-Getränkedosen zu sehen.

Die Schweiz hat sich politisch verpflichtet, die Agenda 2030 umzusetzen. Ein Ziel lautet, die Umweltbelastung zu senken, unter anderem mit Blick auf den Umgang mit Abfall. © Keystone

Die Schweiz hat sich – wie alle anderen UNO-Mitgliedstaaten – politisch verpflichtet, die 2015 von der UNO verabschiedete Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Das Kernstück der Agenda bilden die 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG). Diese definieren soziale, wirtschaftliche und umweltpolitische Meilensteine, welche weltweit bis 2030 verwirklicht werden sollen.

Der Bundesrat setzt sich national wie international dafür ein, die Ziele der Agenda 2030 zu erfüllen. Er will dies gemeinsam mit Kantonen, Gemeinden, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und der Wissenschaft erreichen.

Konkret bedeutet das etwa, Massnahmen zu ergreifen, um den CO2-Ausstoss zu reduzieren, die Geschlechtergleichstellung voranzutreiben oder Stoffkreisläufe zu schliessen. Ausserdem sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Investitionen von öffentlicher und privater Seite die nachhaltige Entwicklung gezielt fördern.

Schweizer Beiträge zu den 17 SDG der Agenda 2030: Beispiele

Emissionen kompensieren

Viele Unternehmen wie auch Privatpersonen trachten danach, ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren. In erster Linie ist die Reduktion der eigenen Emissionen zentral. So investieren Unternehmen in erneuerbare Energien oder Privatpersonen reduzieren ihren Fleischkonsum. Für Emissionen, die nur schwer zu reduzieren sind, gibt es verschiedene CO2-Kompensationsdienste, die Lösungen für Branchen, Firmen, aber auch Privatpersonen anbieten.

Kompetenzen gegen Korruption weltweit zur Verfügung stellen

Der Korruption entgegenwirken: so lautet die Mission des Basel Institute on Governance. Dieses mit der Universität Basel verbundene Kompetenzzentrum hilft weltweit Unternehmen und Regierungen, Missstände zu bekämpfen. Es berät sie, um ihre Gouvernanz zu verbessern, und fördert die internationale Zusammenarbeit, damit Potentatengelder wiedererlangt und rückgeführt werden können. Dazu schulen Expertinnen und Experten Fachleute in betroffenen Ländern und entwickeln auch digitale Hilfsmittel. Das Institut arbeitet dabei mit UNO-Organisationen, Interpol und dem Privatsektor zusammen.

Nachhaltige Investitionen fördern

Die Schweiz ist ein führendes Finanzzentrum, welches einen Viertel der globalen grenzüberschreitenden Vermögen verwaltet. Für die Transformation Richtung nachhaltige Wirtschaft spielen Investitionen, die positive Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Gouvernanz haben, eine entscheidende Rolle.

Die Schweiz möchte hier Verantwortung wahrnehmen. Anfang dieses Jahres hat sie der «Task Force on Climate-related Financial Disclosure» (TCDF) ihre Unterstützung zugesagt. Dies ist ein wichtiger Schritt, denn die Empfehlungen der TCDF bilden einen internationalen Rahmen, welcher es Unternehmen erlaubt, ihre Klimarisiken korrekt zu bepreisen. Durch solche konkreten Massnahmen sowie ihren Einsatz in internationalen Foren, setzt die Schweiz ein starkes Zeichen für einen nachhaltigen Finanzstandort.

Alle UNO-Mitgliedstaaten berichten regelmässig

Globale Herausforderungen wie Migration, Klimawandel, Umweltzerstörung, Armut und Hunger kann in der globalisierten Welt kein Staat alleine bewältigen. Mit der Agenda 2030 werden alle UNO-Mitgliedstaaten ermutigt, regelmässig zu berichten, wie sie deren Ziele umsetzen und welche Chancen und Herausforderungen sich dabei ergeben. Das tun sie mit dem sogenannten Länderbericht.

Ihren ersten umfassenden Länderbericht hat die Schweiz 2018 am Hochrangigen Politischen Forum für nachhaltige Entwicklung in New York vorgestellt. Sie war damals eines der ersten Länder, das auf diese Weise sichtbar machte, was sie für die Umsetzung der Ziele bereits unternommen hatte und welche Herausforderungen zukünftig noch bestehen.

Der zweite umfassende Länderbericht ist aktuell in Arbeit und wird 2022 der internationalen Gemeinschaft und der Schweizer Bevölkerung präsentiert.

Umfassend abgestützter Länderbericht 2022

Die nachhaltige Entwicklung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Ziele der Agenda 2030 betreffen viele Lebensbereiche. Der Länderbericht 2022 entsteht daher umfassend abgestützt und partizipativ.

Fachexpertinnen aus allen Departementen der Bundesverwaltung, Vertreter aus Kantonen und Gemeinden sowie Organisationen der Zivilgesellschaft, aus Wirtschaft und Wissenschaft wurden deshalb im Frühling und Sommer 2021 eingeladen, Beiträge zur Bestandsaufnahme einzugeben. Die Konsultationsphase dauerte bis Ende Oktober 2021.

Eigens entwickeltes IT-Tool

Um die Beiträge zu sammeln, haben Informatik EDA (IT EDA) und das Staatssekretariat EDA ein digitales Tool kreiert. Dank diesem Tool werden die Einträge dereinst öffentlich einsehbar sein: Ab Sommer 2022 erscheinen sie auf der Webseite «SDGital2030». Damit wird sichtbar, wo die Schweiz auf dem Weg zu den allgemein gehaltenen 17 SDG und den konkreter formulierten 169 Unterzielen der Agenda 2030 steht. 

Das Bild zeigt den Chef von Informatik EDA, Claude-Alain Vannay.
Claude-Alain Vannay, Chef Informatik EDA. © EDA

Interview mit Claude-Alain Vannay, Chef Informatik EDA, zum massgeschneiderten IT-Tool

Herr Vannay, was ist innovativ an der von IT EDA entwickelten Lösung? 

Die Bestandesaufnahme zur Umsetzung der Agenda 2030 durch die Schweiz ist ein komplizierter fachlicher Prozess. Hunderte Fachpersonen und dutzende von Organisationen sind involviert und geben uns in kurzer Zeit Input.

Dieser Input muss aufgenommen, abgestimmt und konsolidiert werden und ist mit den traditionellen Mitteln (Mail, Excel-Tabellen) kaum zu bewältigen. Eine Standardlösung für diese Herausforderung gab es nicht. Demzufolge mussten wir den Prozess analysieren und mit unseren Entwicklern ein spezifisches und benutzerfreundliches Web-Tool entwickeln.

Welche spezifischen Herausforderungen galt es zu meistern?

Zu beachten war unter anderem, dass der Inhalt der Bestandesaufnahme mehrheitlich Text-Daten sind. Im IT-Jargon sprechen wir von «unstrukturierten Daten». Wir wollten diese Daten strukturieren. Strukturierte Daten können effektiver durchsucht und analysiert werden. Für diese Struktur gab es kein Referenz-Modell, wir mussten ein solches im Verlauf des Projekts erarbeiten. 

Die von IT EDA entwickelte Lösung vereinfacht die Arbeit für alle Beteiligten und bringt eine ansehnliche Effizienzsteigerung.

Welche Vorteile bringt das Tool?

Unser Tool vereinfacht die Arbeit aller Beteiligten. Da hunderte von Personen involviert sind, bringt dies eine ansehnliche Effizienzsteigerung. Zudem gewährleistet das Tool vollständige Transparenz innerhalb der Bundesverwaltung, da die Beiträge jederzeit einsehbar sind.

Das EDA sammelt die Daten somit nicht nur effizienter, sondern es nutzt die Ressourcen auch besser. Wir vereinfachen die Koordination und können die riesigen Mengen von Informationen kontinuierlich bewirtschaften. 

Mehr zum IT-Tool

Können Sie die Effizienzsteigerung noch genauer ausführen?

Die Daten der Bestandesaufnahme liegen nun strukturiert und wiederverwendbar vor. Dies erlaubt, sie besser zu durchsuchen und flexibler, benutzerfreundlicher darzustellen. Zudem dienen diese Daten zukünftigen Bestandesaufnahmen als Referenzpunkt.

Wie sind Sie vorgegangen, um die komplexe Aufgabe zu meistern?

Wir stützen uns bei der Entwicklung neuer Lösungen auf die Methoden der Agilität. Das agile, iterative Vorgehen nach SCRUM erlaubt, uns Schritt für Schritt an ein gewünschtes Optimum heranzutasten. Komplexe Herausforderungen sind somit meisterbar.

Unsere Entwicklungs- und IT-Betriebsprozesse haben wir näher zusammengeführt. Hierfür mussten wir unsere Prozesse, aber auch IT-Werkzeuge nach den Prinzipien von DevOps, also Entwicklung Hand in Hand mit Betrieb, neu gestalten. Dies hat nun den Vorteil, dass wir schnell, regelmässig und mit wenig Aufwand neue Versionen des Tools ausliefern können. 

Schweiz setzt sich für das Evaluieren der Ziele aktiv ein

Als verlässliche Partnerin in der internationalen Staatengemeinschaft hat sich die Schweiz aktiv für die Agenda 2030 eingesetzt. Bei der Umsetzung spielt sie eine ebenso gewichtige Rolle. Sie leistet Beiträge auf multilateraler, internationaler und nationaler Ebene. 

Die Schweiz war von Anfang an massgeblich an der Erarbeitung der globalen Nachhaltigkeitsziele beteiligt. Von Beginn weg war ihr auch ein Anliegen, dass die Ziele konkret umgesetzt werden. Deshalb machte sie sich für einen Überprüfungsmechanismus stark. Dazu gehören die freiwilligen Länderberichte im Rahmen des Hochrangigen Politischen Forums für Nachhaltige Entwicklung (High-Level Political Forum for Sustainable Development, HLPF) der UNO. 

Kleine bunte Quadrate mit Symbolen zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 füllen das Bild aus. Zudem sind die Umrisse des Parlamentsgebäudes zu erkennen.
Die Schweiz hat sich politisch verpflichtet, die Agenda 2030 umzusetzen. © EDA

Die Agenda 2030 als Mittel zur Meinungsbildung

Die Agenda 2030 ist ein wichtiger Orientierungsrahmen oder ein Kompass, auch für die Schweiz. Sie ist indes kein bindender gesetzlicher Rahmen in unserem föderalistischen System, sondern ein Mittel zur politischen Meinungsbildung.

Nachhaltigkeit soll politisch kohärent umgesetzt werden. Das ist für die Schweiz wichtig. Die Agenda 2030 stellt einen Referenzrahmen dar, um Synergien zwischen den verschiedenen Sektoralpolitiken zu identifizieren und Zielkonflikte in einer Nachhaltigkeitsperspektive zu lösen.

Die Ziele der Agenda 2030 nehmen in der Aussenpolitischen Strategie 2020–2023, der Strategie für internationale Zusammenarbeit 2021–2024 und der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 eine wichtige Stellung ein. Indem die Schweiz die Ziele dieser Strategien umsetzt, treibt sie auch die Ziele der Agenda 2030 voran.

Bereits seit 1997 wird die nachhaltige Entwicklung über Strategien des Bundesrates gewährleistet. Nachhaltige Entwicklung hat eine lange Tradition in der Schweiz und ist seit 1999 ein Verfassungsauftrag. Sie wird auf allen Ebenen der nationalen und internationalen Politik gelebt.

Ohne Paradigmenwechsel kein Erfolg

Die Schweiz wird den Überprüfungsprozess der Agenda 2030 auch in Zukunft unterstützen. Dies ist ein wichtiges Element im strategischen Zyklus der nachhaltigen Entwicklung. Denn: Es geht um die Zukunft unserer Welt. Und die Umsetzung der Agenda erfordert einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die Art und Weise, wie die internationale Gemeinschaft globale Herausforderungen und Entwicklungsprobleme angeht.

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