Vergängliche Kunst für dauerhaften Frieden

Der im Schweizer Jura lebende französische Künstler Saype ruft mit seinen monumentalen Malereien auf Gras und Sand zu einer friedlichen Welt auf. Seine umweltfreundlichen Grasmalereien entstehen und vergehen rund um die Welt – so wie aktuell im Park der Vereinten Nationen in New York. Sein jüngstes Werk ist ein Symbol für eine gemeinsame Gestaltung der Zukunft, überreicht von Bundesrat Ignazio Cassis an UNO-Generalsekretär António Guterres.

Ein junger Mann sprüht Farbe auf einen Rasen.

Zum Auftakt der 76. UNO Generalversammlung in New York realisiert Saype eine Grasmalerei als Symbol für Frieden und Völkerverständigung. © Valentin Flauraud pour Saype

Im Vorfeld der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) sprüht Guillaume Legros, alias Saype, mit Kohle und Kreide eine riesige Freske auf den Rasen im Park der UNO in New York. Sie zeigt zwei spielende Kinder. Bundesrat Ignazio Cassis übergibt das Kunstwerk am 18. September 2021 an UNO-Generalsekretär António Guterres als Zeichen für das Schweizer Engagement für Frieden und Multilateralismus. Mit diesem Geschenk bekräftigt die Schweiz auch ihre Kandidatur für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat für die Jahre 2023 und 2024. 

Kommunikation EDA konnte mit dem in der Schweiz lebenden Künstler, Saype, vor seiner Abreise nach New York sprechen:

Portrait von Guillaume Legros alias Saype.
Der Land-Art Künstler Guillaume Legros alias Saype lebt in der Schweiz und gilt als Pionier auf dem Gebiet der Grasmalerei. © Valentin Flauraud pour Saype

Sie gehen in ein paar Tagen nach New York, um im Park der UNO ein Kunstwerk zu realisieren. Wie kam es zu diesem Projekt?

Als ich im Juni 2020 im Park des «Palais des Nations» in Genf die 6000 Quadratmeter grosse Grasmalerei «World in Progress» gestalten durfte, markierte das die erste Etappe eines grösseren Projektes, das vom EDA, genauer von Präsenz Schweiz, begleitet wird. In der Folge wurde ich von der UNO nach New York eingeladen, um die zweite Etappe zu realisieren.

Nach Genf ist es das zweite Mal, dass Sie für die UNO Kunst machen. Was verbindet Sie mit der UNO?

Ich teile die Werte der UNO wie Frieden und Solidarität und möchte diese mit meinen Werken fördern. Die UNO ist eine Art runder Tisch, der alle Staaten zusammenbringt, um gemeinsam Lösungen für die Probleme der Welt zu finden. In meinem laufenden, weltumspannenden Projekt «Beyond Walls» versuche ich, diesen Solidaritätsgedanken und das gemeinsame Gestalten einer friedlichen Welt symbolisch darzustellen. «Beyond Walls» stellt zwei ineinander greifende Hände dar, die wie eine Kette um die ganze Welt reichen.

Grasgemälde von zwei zeichnenden Kindern im Park des UNO Gebäudes in Genf.
Zum 75-jährigen Bestehen der Charta der Vereinten Nationen: Zwei Kinder schaffen sich im Park des Palais des Nations in Genf die ideale Welt. © Valentin Flauraud pour Saype

Um ein so gigantisches und vergängliches Land-Art Gemälde zu realisieren, nehmen Sie enorm viel Arbeit auf sich.

Ja, wir sind seit eineinhalb Jahren intensiv an diesem New York-Projekt. Es ist ein grosser organisatorischer und administrativer Aufwand, viele Genehmigungen und noch viel mehr Material. Ich kann dabei zum Glück auf die Unterstützung von meinem Team und mehreren Personen von Präsenz Schweiz zählen. Ich bin trotz der vielen Arbeit natürlich sehr glücklich, die Möglichkeit zu erhalten, nach New York zu gehen und meine Grasmalerei im Park der UNO zu realisieren.

Bundesrat Ignazio Cassis übergibt in New York Ihr Werk an den Generalsekretär der UNO António Guterres. Was bedeutet das für Sie persönlich?

Es ist für mich eine sehr grosse Ehre und ich bin stolz, dass ich mit meiner Kunst zu starken Beziehungen zwischen den Ländern, zu Wohlwollen und Frieden beitragen kann. Es ist für mich eine unglaubliche Chance, jetzt schon zum zweiten Mal im Zusammenhang mit der UNO meine Kunst zu realisieren. Dass Bundesrat Ignazio Cassis mein Werk an António Guterres übergibt, ist für mich ein sehr starkes Symbol.

Welche Botschaft möchten Sie mit Ihren gigantischen Grasmalereien übermitteln?

Einerseits eine humanistische Botschaft: Meine Kunst soll einen konstruktiven Dialog über die gemeinsame Gestaltung einer friedlichen und solidarischen Welt auslösen. Andererseits eine Ökologische: Ich möchte, gerade dadurch, dass ich mit biologisch abbaubarer Kohle und Kreide auf Gras und Sand male, zu einem sorgfältigen Umgang mit der Natur aufrufen.

Ich glaube, dass Kunst Menschen bewegt und eine Gesellschaft verändern kann.
Saype

Kunst ist einmalig, weil sie die Menschen emotional anspricht. Ein Beispiel dazu: Im Jahr 2018 unterstützte ich die Schweizer Organisation SOS Méditérrannée, die sich mit der Frage der Flüchtlinge im Mittelmeer befasst. In diesem Zusammenhang realisierte ich ein Projekt in Genf: «Kleines Mädchen mit Boot», ein Mädchen, das vom Ufer aus ein Papierschiffchen auf den See stösst. Dieses Werk hat ein riesiges, positives Echo in den Medien ausgelöst, so gewaltig, dass sich sogar gewisse Dinge in der Schweizer Politik bewegten. 

Das Werk «Kleines Mädchen mit Boot» in Genf 2018 zum Thema Flüchtlinge im Mittelmeer hat weltweit ein riesiges Echo ausgelöst. © Valentin Flauraud pour Saype

Wie suchen Sie die Orte für Ihre Land-Art-Werke aus?

Ich frage mich, welche Geschichte ich erzählen will, und nutze dabei die Schönheit, die Symbolik und die Geschichte des Ortes und verbinde diese mit meinem Werk. Das ist die Besonderheit, die die Land-Art bietet. Zum Beispiel in Benin, dort habe ich auf den Strand gemalt, wo früher in der Geschichte 14 Millionen Sklaven auf einem Schiff ausser Landes gebracht worden sind.

Wie kamen Sie zu dieser Kunstform, gibt es ein Schlüsselerlebnis in Ihrem persönlichen Leben?

Nicht wirklich, es kam in kleinen Schritten. Ich habe mit Graffiti auf Mauern begonnen und dann viel im Atelier gemalt. Durch Literatur zum Buddhismus und zur Ökologie erwachte mein Bedürfnis, in der Natur auf Gras und Felder zu malen. Ich lebte damals in Frankreich in einem Haus, das von riesigen freien Feldern umgeben war. Im Jahr 2012 wurde die Drohnentechnologie auch für die allgemeine Bevölkerung gebräuchlich, was mir eine Perspektive von oben ermöglichte. Diese beiden Umstände führten dazu, dass ich begann, eine Farbe zu entwickeln, die sich für die Grasmalerei eignete und der Natur nicht schadete. Das bedeutete jahrelange Forschungsarbeit, bis ich eine umweltverträgliche Farbe entwickelt hatte.

Saype

Guillaume Legros alias Saype wurde am 17. Februar 1989 im französischen Belfort unweit der Schweizer Grenze in Frankreich geboren. Seine ersten Graffiti kreierte er als Teenager unter dem Pseudonym SAYPE – SAY PEACE. Vor zehn Jahren kam er in die Schweiz, um als diplomierter Pflegefachmann zu arbeiten. Als leidenschaftlicher Autodidakt brachte er sich schon früh zahlreiche Maltechniken bei, und entwickelte 2013 eine biologisch abbaubare Farbe. Heute gilt er als international einflussreiche Persönlichkeit in Kunst und Kultur und ein Pionier der Grasmalerei. Er lebt heute immer noch in der Schweiz, im Jura.

Werke:

  • 2016 Ruhender Hirt in Leysin
  • 2018 Kleines Mädchen mit Boot
  • 2019 Start des Projekts Beyond the Walls in Paris
  • 2020 Beyond Crisis in Leysin
  • 2020 World in Progress bei der UNO in Genf
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