Appell der Schweiz zur Abfederung des starken Rückgangs der Geldüberweisungen in Länder mit niedrigem Einkommen
Die Abfederung der negativen Folgen der COVID-19-Pandemie für Länder mit niedrigem Einkommen hat an Bedeutung gewonnen. Ein wichtiges Thema sind dabei die Geldüberweisungen von Migrantinnen und Migranten sowie Mitgliedern der Diaspora in ihre Herkunftsländer. Die Schweiz ruft dazu auf, die Kanäle für diese Überweisungen weiterhin offen zu halten, da sie für die am stärksten benachteiligten Gemeinschaften lebenswichtig sind.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie verzeichnen Länder mit niedrigem Einkommen einen massiven Einbruch bei den Geldüberweisungen aus dem Ausland. © EDA
Die Rücküberweisungen der Arbeitsmigrantinnen und -migranten an Angehörige im Heimatland erreichen seit mehreren Jahren Rekordwerte. Gemäss den jüngsten Zahlen der Weltbank überwiesen die Migrantinnen und Migranten 2018 eine rekordhohe Summe von 529 Milliarden US-Dollar in die Entwicklungsländer. 2019 dürften es 550 Milliarden US-Dollar gewesen sein. Diese Geldflüsse werden immer wichtiger für die Volkswirtschaften der Entwicklungsländer. In Tonga, Kirgisistan, Tadschikistan, Haiti und Nepal machen die Rücküberweisungen inzwischen mindestens 25 Prozent des BIP aus.
Starker Einbruch der Rücküberweisungen
Seit einiger Zeit verzeichnen die Entwicklungs- und Schwellenländer jedoch einen massiven Einbruch bei diesen Geldzuflüssen aus dem Ausland. Gemäss den Prognosen der Weltbank dürften die Rücküberweisungen im Jahr 2020 um 20 Prozent oder 110 Milliarden US-Dollar sinken. Zum Vergleich: Der Gesamtbetrag der weltweiten öffentlichen Entwicklungshilfe belief sich 2019 auf 153 Milliarden US-Dollar. Der Grund für diesen Einbruch liegt auf der Hand: die COVID-19-Krise. Dieser stärkste Einbruch in der jüngeren Geschichte ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Arbeitsmigrantinnen und -migranten bei Stellenabbau und Lohnkürzungen im Gastland besonders gefährdet sind. Die Lockdown-Massnahmen und die Schliessung von Wechselstuben und Finanztransferdienstleistern erschweren oder verunmöglichen es ihnen, Geld zu überweisen. Zum Teil ist auch die mangelnde Liquidität dieser Dienstleister ein Problem.
Wichtige Einkommensquelle für arme Länder
Die Geldüberweisungen der Migrantinnen und Migranten sowie der Mitglieder der Diaspora in die Herkunftsländer sind zu einem Eckpfeiler vieler Volkswirtschaften der Welt geworden. Sie lindern die Armut, verbessern die Ernährungssituation, fördern die Bildungsausgaben und reduzieren die Kinderarbeit in benachteiligten Familien. Sie sind ein Rettungsanker, wenn andere Einnahmequellen versiegen. Das Engagement gegen den Rückgang dieser Überweisungen deckt sich daher mit den Zielen der UNO für eine nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) und der Schweizer Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024. Gemäss Bundesrat Ignazio Cassis sind Rücküberweisungen wichtig, wegen COVID-19 aber schwierig. «Sorgen wir dafür, dass die Hürden weltweit beseitigt werden! Neue Technologien können hier helfen.»
Gemeinsamer Appell der Schweiz und des Vereinigten Königreichs
Dank ihrem langjährigen Engagement im Migrations- und Entwicklungsbereich und ihrem Know-how auf dem Gebiet der Rücküberweisungen hat die Schweiz die Dringlichkeit der Lage erkannt und beschlossen, zusammen mit dem Vereinigten Königreich verschiedenen multilateralen Entwicklungsorganisationen und der «International Association of Money Transfer Networks (IAMTN)» einen internationalen Appell zur Abfederung des starken Rückgangs der Geldüberweisungen in Länder mit niedrigem Einkommen zu lancieren. Mit diesem Appell soll sichergestellt werden, dass Überweisungen auch während der COVID-19-Pandemie ungehindert getätigt werden können, damit die Familien der Arbeitsmigrantinnen und -migranten dieses lebenswichtige Einkommen weiterhin erhalten und nicht in Armut geraten.
Konkret soll der Zugang der Migrantinnen und Migranten zu Transferdienstleistungen verbessert werden, indem zusätzliche digitale Zahlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Der Appell will politische Entscheidungsträger, Regulierungsbehörden und Dienstleistungsanbieter weltweit ermuntern, Geldüberweisungen zu erleichtern, indem sie die Regeln lockern, etwa durch Lizenzvergaben, indem sie finanzielle Anreize schaffen, beispielsweise durch die temporäre Senkung der Überweisungsgebühren, und indem sie die Anbieter in diesem Bereich als wichtige Dienstleister anerkennen. Schliesslich sollen die Migrantinnen und Migranten durch Informationskampagnen auf die neuen Möglichkeiten einschliesslich der digitalen Transferkanäle hingewiesen werden.
Die Schweiz entwickelt geeignete Finanzdienstleistungen
Die Schweiz verpflichtet sich ihrerseits, Geldüberweisungen zu erleichtern, indem sie die Entwicklung von Finanzdienstleistungen unterstützt, die auf die Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten ausgerichtet sind. Diese Dienstleistungen sollen in Bereichen wie der Mikroversicherung neue Überweisungstechnologien – beispielsweise via Mobiltelefon – nutzen sowie Sparmöglichkeiten bieten, insbesondere für die Altersvorsorge. Die Nutzerinnen und Nutzer können somit bei der Geldüberweisung mit einem Klick entscheiden, wie das Geld angelegt werden soll.
Die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie erschweren es den Migrantinnen und Migranten sowie den Mitgliedern der Diaspora erheblich, Geld in die Heimat zu schicken. Deshalb will die Schweiz Geldüberweisungen namentlich durch die Förderung neuer technischer Lösungen erleichtern.
Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024
Gestützt auf Bundesverfassung und Gesetz definieren Bundesrat und Parlament alle vier Jahre die Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz. Am 19. Februar 2020 verabschiedete der Bundesrat die Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024. Sie enthält folgende Priorität: Die Schweiz setzt sich für eine friedliche und sichere Welt ein, die ein Leben ohne Furcht und Not, den Schutz der Menschenrechte sowie Wohlstand ermöglicht. Die Strategie der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz enthält ausserdem Schwerpunkte, die im Kontext der COVID-19-Pandemie zum Tragen kommen. Geldüberweisungen können dazu beitragen, Not und Armut zu lindern, die Einhaltung der Menschenrechte zu verbessern, die Demokratie zu fördern und die Umwelt zu schonen.
Agenda 2030
Am 25. September 2015 haben die UNO-Mitgliedstaaten die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Die 2016 in Kraft getretene Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) bildet den neuen, weltweit anwendbaren Rahmen der nachhaltigen Entwicklung. Die UNO-Mitgliedstaaten haben sich bereit erklärt, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Ziele gemeinsam bis 2030 zu erreichen. Auch die Schweiz ist aufgefordert, diese Ziele auf nationaler Ebene umzusetzen. Die Geldüberweisungen sind Teil der Ziele, die sich die Schweiz gesetzt hat, um die drängenden Herausforderungen der Welt zu lösen.