01.08.2024

Ansprache von Bundesrat Ignazio Cassis, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) - es gilt das gesprochene Wort

Rednerin/Redner: Cassis Ignazio; Departementsvorsteher, Ignazio Cassis

Stimate autorità,
Caro pubblico

In ricordo delle vittime

La festa nazionale ci invita a rafforzare i legami tra noi, a essere solidali, a pensare gli uni altri. Ovunque noi siamo in Svizzera.

Festeggiare significa anche commemorare.
Oggi vorrei prima di tutto ricordare le vittime del maltempo nei Grigioni, in Vallese e in Ticino. Penso a loro, e alle loro famiglie. Alla devastazione che ho visto con i miei occhi. A tutte le persone che hanno subìto danni pesantissimi, e a chi ogni giorno, anche oggi, lavora per ricostruire.

Ricordiamoci che, indipendentemente da dove siamo nati – in città o in valle, in una famiglia o in un Paese più o meno privilegiati – la sicurezza e la pace sono valori inestimabili, che non possiamo dare per scontati.

La natura rimane più forte dell’uomo e l'uomo è capace delle più grandi follie – le peggiori, purtroppo, come testimoniano le guerre in corso; ma anche le migliori.

Tra quelle migliori c’è tutto ciò che siamo stati capaci di realizzare nel corso della nostra storia per essere qui, oggi, a festeggiare insieme una Confederazione di 26 cantoni.

26 Cantoni che hanno culture, lingue e dimensioni molto diverse fra loro – basti pensare che con i suoi 7'000 km2, i Grigioni potrebbero contenere i 14 cantoni più piccoli!

Mezzo millennio di vita

Geschätzte Damen und Herren,
Quest onn festivescha la Confederaziun ses 733avel anniversari, e quai 176 onns sco stadi federal. Ma i dat er in ulteriur giubileum impurtant:
l’emprim mez millenni dal Grischun!

Stellen wir uns einen Moment lang den September 1524 vor. Die Bündner waren damals bereits eine "kleine Schweiz" – lange bevor es eine "grosse" Schweiz gab!
Sie waren in der Lage, ihre Unterschiede zu überwinden und gemeinsame Interessen zu vereinen. Interessen, die im Laufe der Zeit zu gemeinsamen Werten wurden.
Dennoch waren die Hürden sicherlich hoch – wenn man bedenkt, dass es auch heute noch allein im Rätoromanischen fünf verschiedene Arten gibt, um "Guten Tag" zu sagen: Bun di, bund de, bien di, bùn gi, allegra!

Mit dem Bündnis im Jahr 1524 legten die Drei Bünde eine gemeinsame Verfassung fest, behielten aber eine föderalistische Struktur bei.
Eine Organisation ähnlich der heutigen Schweiz. Jede Gerichtsgemeinde bildete eine kleine Republik - ähnlich wie unsere Kantone.
Die oberste Autorität lag beim Bundstag - dem Vorläufer des Bundesrats auf nationaler Ebene. Einige Zeit nach ihrer Gründung (Mitte des 16. Jahrhunderts) litt der Freistaat der Drei Bünde unter den Rivalitäten zwischen Frankreich und Venedig einerseits und Österreich und Spanien andererseits.

Seitdem hat sich die Lage nicht wesentlich verändert.
Unsere grossen Nachbarn sind immer noch unsere grossen Nachbarn. Und die Diskussionen mit ihnen bleiben ein zentrales Thema unserer Aussenpolitik.
Zum Glück sind sie aber nicht mehr so kriegerisch wie damals!
Wir schicken auch keine Söldner mehr (abgesehen von der friedlichen päpstlichen Schweizergarde).
Wir haben es geschafft, die geopolitische Lage zu unserem Vorteil zu nutzen und zu einer Stärke im Herzen des Kontinents Europa zu machen.
Unser Land wird nicht mehr von Armeen durchquert, sondern von Millionen von Gütern und Millionen von Menschen.
Wie der liberale Frédéric Bastiat sagte: «Wenn Waren keine Grenzen überschreiten, werden es Soldaten tun». Sprich: wo die Waren passieren, ziehen die Soldaten weniger durch.
L’exploit della pluralità

Cari ascoltatori,

La Svizzera è spesso chiamata Willensnation, perché non abbiamo un corsetto linguistico o culturale che ci tenga naturalmente assieme.

Al contrario: parliamo, pensiamo, scriviamo, ridiamo, amiamo e sogniamo... in modo diverso.
Ma formiamo una sola nazione.
Di più: esistiamo solo gli uni grazie agli altri.

Bisogna aver cura di questa pluralità. È una sfida continua, perché non è facile accettare modi di pensare diversi dal nostro.
Non è facile accettare che i piccoli valgano esattamente quanto i grandi. Servono pazienza e persistenza.
Pensate che i documenti alla base del Patto del 1524 erano solo in tedesco, e che furono tradotti in italiano e in romancio molto più tardi.

Servono fatti, e non solo parole pronunciate il Primo Agosto.

Assieme al Cantone dei Grigioni abbiamo ad esempio creato la Emna Rumantscha:
una settimana che il Dipartimento affari esteri (DFAE) ogni anno dedica alla cultura romancia.

Da Tokyo a Londra, dal Consiglio di sicurezza dell’ONU a New York fino alla Finlandia, da Madrid al Congo, facciamo sentire le sonorità e i sapori della nostra quarta lingua nazionale.

C’è anche un altro progetto a cui tengo molto: Piccolo Erasmus, un programma che permette ai collaboratori delle amministrazioni cantonali di Ticino e Grigioni di lavorare qualche mese al DFAE, e viceversa.

Il nostro Paese non è sempre facile da affrontare – né da governare in "job-sharing" tra 7 Consiglieri federali con idee e culture fra loro molto diverse.

Eppure: nel corso dei secoli abbiamo realizzato un exploit straordinario: quello di trasformare le nostre differenze in una forza comune – proprio come i vostri antenati delle Tre Leghe ci hanno aperto la strada 500 anni fa.

Democrazie segnate dalle rughe

Signore e signori

Oggi la nostra democrazia è sicuramente matura, ma anche, se siamo onesti, segnata da qualche ruga.
Viviamo in un’epoca estremamente veloce, dove le opinioni diventano più accese, il confronto più duro, le dinamiche più centrifughe.
Aumentano le divisioni nelle case, nelle nazioni e tra i continenti.

Die Welt ist heute weniger harmonisch als vor 40 Jahren. Damals erlebten wir den Fall der Berliner Mauer, das Ende des Bipolarismus, sogar das Ende der Geschichte, so Francis Fukuyama.

Nach den beiden grausamen Weltkriegen und dem langen Kalten Krieg ging es der Welt endlich wieder besser, es ging aufwärts.

Aber die Geschichte verläuft nicht linear.
Sie neigt vielmehr dazu, sich zu wiederholen. Unser Optimismus stieß einmal mehr auf den Realismus.

Die Müdigkeit unserer alten Demokratien und der Dynamismus aufstrebender Länder sind heute die Ursache zahlreicher Konflikte.
Protektionismus und Nationalismus sind Symptome eines globalen Unbehagens, eines Mangels an Vertrauen zwischen den Menschen.

Heute leben nur noch 30% der Weltbevölkerung in einer Demokratie. Dies zeigt, wie privilegiert wir sind, in der Schweiz zu leben.

Die Schweiz ist stark, aber ihr Wohlergehen hängt von einer stabilen Ordnung in der Welt ab.
Und auch vom Willen, unseren Gemeinsinn aufrechtzuerhalten.

Ich frage mich – und euch: ist unser Gemeinsinn immer noch fit und lebendig?
Auch die Schweiz befindet sich in einer Phase des Wandels. Die politische Debatte wird polarisierter.
Die Konkordanz, die uns Jahrzehnte der Stabilität beschert hat, wird öfter in Frage gestellt.
Man spricht von faulen Kompromissen – anstatt den Kompromiss als langfristigen Vorteil zu erkennen.
Wir sind mit mehr Forderungen und weniger Geduld konfrontiert.
Bürgerinnen und Bürger tragen in unserem direktdemokratischen System viel Verantwortung. Ihre Entscheide haben Konsequenzen.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sie dieser Verantwortung auch gewachsen sind.
Heute ist aber leider das kurzfristige Denken weit verbreitet – und dies ist nicht verantwortungsvoll.  «In omnibus rebus respice finem» – sagten die Lateiner.
In allen Dingen, bedenke das Ende.

Kaspar Villiger formulierte es einmal genau richtig: «es geht darum, Bedürfnisse von Ansprüchen zu unterscheiden».
Es ist eine Kernaufgabe der Politik knappe Mittel zu verteilen. Das ist kaum ein Problem, solange sich die Bundeskasse wie von Zauberhand selbst füllt.

Diese Zeiten sind aber vorbei.
Heute geht es darum, Prioritäten zu setzen und auch schwierige Entscheide für langfristige Ziele zu fällen.
Unser Vorbild: Schellenursli

Geschätzte Damen und Herren,
Die Welt befindet sich in einer Zeitenwende – und die Schweiz auch.
Aber wir haben das Glück, etwas tun zu können. Wir können weiterhin die Schweiz wollen.
Wir können Hauptakteure sein, indem wir die identitätsstiftenden Merkmale unseres Landes voll und ganz ausleben:
der Gemeinsinn, die Kunst des gegenseitigen Zuhörens.
Unsere Geschichte ist der Beweis, dass wir in der Lage sind, uns zu vereinen, zu innovieren und uns gemeinsam zu verwirklichen.
Unsere Kultur, unsere Wurzeln, unsere Geschichte und unsere Errungenschaften dürfen nicht «gecancelt» werden – in Namen der politischen Korrektheit oder einer illusorischen Gleichmacherei.

Wie immer steht unsere Freiheit auf dem Spiel.
Und es steht unsere Verantwortung auf dem Spiel. Was den Menschen ausmacht, ist gerade die Fähigkeit, Freiheit und Verantwortung zu vereinen.
Dies ist die Ethik, die unser Handeln leiten muss.

Nus stuain agir cun curaschi. E savais, da tgi che nus pudain prender in exempel? Da Voss cumpatriot Uorsin! El vuleva ina stgella pli bella e gronda, la plumpa, ed ha superà mintga sort d’obstachels per l’obtegnair. Uschia ha el pudì stgatschar l’enviern ensemen cun ses cumpogns a Chalandamarz. Ed ensemen han els beneventà la stad – quai vul dir la glisch, l’avegnir.

Caro pubblico: continuiamo a volere, a fare e ad essere la Svizzera tutti insieme!

Viva la Svizzera!


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Letzte Aktualisierung 06.01.2023

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