14.01.2022

Ansprache von Bundespräsident Ignazio Cassis, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA, anlässlich der Internationalen Bodenseekonferenz - Es gilt das gesprochene Wort

Rednerin/Redner: Cassis Ignazio; Departementsvorsteher, Ignazio Cassis

Werter Herr Vorsitzender der IBK [Alfred Stricker]
Werter Herr Regierungschef [Daniel Risch, Regierungschef Fürstentum Liechtenstein]
Werter Herr Landeshauptmann [Markus Wallner, Landeshauptmann Vorarlberg]
Werte Frau Staatsministerin [Melanie Huml, Staatsministerin Bayern]
Werter Herr Minister [Winfried Hermann, Minister Baden-Württemberg]

Sehr geehrte Damen und Herren Regierungsräte
Sehr verehrte Damen und Herren

Ich habe mich sehr über die Einladung zum 50-Jahr-Jubiläum der Internationalen Bodensee-Konferenz gefreut. Im Namen des Bundesrates möchte ich Ihnen unsere aufrichtigsten Glückwünsche zu diesem Meilenstein überbringen.

1. Covid-19: mit Geduld aus der Pandemie

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, um Ihnen ein gutes neues Jahr zu wünschen. Ein Jahr, das sich zugegeben ziemlich alt anfühlt. So sehr wir uns das anders wünschen, prägt die Pandemie auch heute noch unseren Alltag. Mikroben sind mühsam. Das weiss jeder, der schon einmal als Patient im Spital war. Dabei trägt das Wort «Patient» die Geduld bereits im Namen: abgeleitet vom lateinischen «patiens» bedeutet Patient so viel wie etwas erdulden, etwas durchstehen. Wir alle sind Patienten der aktuellen epidemiologischen Lage. Aber, wenn uns die Geschichte etwas gelehrt hat, dann das, dass wir solche Krisen nur gemeinsam meistern können.

Lassen wir uns von der aufkommenden Ungeduld nicht aus der Ruhe bringen. Um es in den Worten des Naturforschers George-Louis de Buffon zu sagen: «Genie ist nichts anderes als eine grosse Begabung für Geduld.»

2. Grenzregionen: gemeinsame Wirtschafts- und Lebensräume

Es scheint mir daher ganz passend, dass wir uns heute auf dem Säntis treffen – dem Wetterberg der Schweiz. Dem Inbegriff von Resilienz. Als man hier – auf 2’502 Metern über mehr – im Jahr 1882 eine der höchstgelegenen Wetterstationen der Welt baute, gab es weder fliessend Wasser noch Strom. Geschweige denn eine Seilbahn. Wer damals Wetterdaten analysieren musste, trotzte nicht nur unglaublichen Bedingungen, sondern setzte auch sein eigenes Leben aufs Spiel.

Der Säntis bietet uns neben Wetterdaten aber auch einen einmaligen Blick über die Region Bodensee. Nirgendwo sonst haben wir einen solchen Weitblick über das, was diese einmalige Region verbindet. Grenzregionen sind wichtige Wirtschafts- und Lebensräume, ganz besonders in der Schweiz. Wir leben, lieben und arbeiten nicht trotz der Grenzen in diesen Regionen, sondern wegen und mit ihnen. Die Pandemie hat uns die Bedeutung dieser Verbundenheit auf eindrückliche Art und Weise gezeigt: Unvergessen bleiben die Betroffenheit und die Proteste, die der Grenzzaun in Kreuzlingen ausgelöst hat. Die Bilder der physischen Teilung Europas sind tief in unserem kollektiven Gedächtnis verankert. Umso wichtiger war es, dass wir trotz Pandemie die Grenzen für Güter und Menschen – wenn auch mit Einschränkungen –offenhalten konnten. Keine Selbstverständlichkeit. Und ein Kraftakt unter Zeitdruck für die betroffenen Bundesländer und Kantone. An dieser Stelle möchte ich Ihnen im Namen des gesamten Bundesrates nochmals herzlichst für diese ausserordentlich gute und enge Zusammenarbeit in dieser schwierigen Zeit danken.

3. Regierungskommission Bodensee: Stärkung der regionalen Schlagkraft

Seit nunmehr einem halben Jahrhundert setzen sich die Regierungsvertreterinnen und -vertreter der Internationalen Bodensee-Konferenz – der IBK – für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in dieser Region ein. Diese föderalistische Zuordnung der Verantwortung ist richtig, sollten Fragen der Zusammenarbeit bekanntlich dort angegangen werden, wo Menschen zusammenarbeiten und zusammenleben. Es gibt aber auch Fragen, welche nicht auf regionaler Stufe gelöst werden können.

Nach meinem letzten Treffen mit den Regierungsvertreterinnen und -vertreter der IBK im November 2019 in Bern – einige von Ihnen mögen sich allenfalls noch daran erinnern – habe ich mich persönlich dem Anliegen einer ergänzenden zwischenstaatlichen Dialogplattform angenommen, und diese seither aktiv vorangetrieben.

Das Prinzip ist nicht neu: In der Region Oberrhein bildet bereits seit 30 Jahren die sogenannte Regierungskommission Oberrhein das Bindeglied zur Oberrheinkonferenz – der regionalen Plattform zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Die gleiche positive Dynamik wollen wir nun mit der geplanten Regierungskommission Bodensee auch für die Region Bodensee schaffen. Es freut mich, dass nebst der IBK auch die staatlichen Regierungen Österreichs und des Fürstentums Liechtenstein dieses Vorhaben unterstützen. Und auch Deutschland zeigt sich bereit, die Vorteile einer solchen Kommission im Rahmen eines Pilottreffens wohlwollend zu prüfen.

4. Regierungskommission Bodensee: Pilottreffen im Mai 2022

In diesem Sinne ist es mir eine grosse Freude, Ihnen heute verkünden zu können, dass das Pilottreffen der Regierungskommission Bodensee am 5. Mai 2022 in St. Gallen stattfinden wird. Bereits jetzt herzlichen Dank an den Kanton St. Gallen, welcher als Gastgeber die vier Delegationen empfangen wird und – gemeinsam mit meinem Departement – das Pilottreffen organisiert. Nach dem Pilottreffen gilt es eine kontinuierliche Fortführung des Austausches sicherzustellen. Dafür braucht es eine solide völkerrechtliche Basis.

Erlauben Sie mir ein letztes Wort zur geplanten Regierungskommission: Da diese ein zwischenstaatliches Gremium ist, werden die vier Delegationen auf hoher Beamtenstufe von den Aussenministerien geleitet. Dies ändert aber nichts daran, dass weiterhin die involvierten Bundesländer und Kantone die treibenden Kräfte sind. Die Aussenministerien bilden den Rahmen. Die Anliegen – und namentlich die politischen Impulse – kommen von Ihnen.

Ich bin überzeugt, dass wir mit der Regierungskommission Bodensee einen konkreten Mehrwert für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit schaffen und die guten Beziehungen zwischen unseren Ländern weiter stärken können. Gute Beziehungen, die hauptsächlich durch Sie – werte Damen und Herren – ermöglicht werden: Seit 50 Jahren fördert die Internationale Bodensee-Konferenz einen engen und freundschaftlichen Austausch zwischen Nachbarn. Diese Errungenschaft kann nicht genügend gewürdigt werden. Daher, nochmals: Vielen Dank der IBK für diese wertvolle Arbeit! … und herzlichen Glückwunsch zum 50. Jubiläum!


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Letzte Aktualisierung 29.01.2022

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